"einer andern Rosina und Schwindlerin", vor allem aber das
Leben und Treiben von Buergern und Studenten in Wittenberg, hatten ihn
hoch aufgebracht. Der ungeheure Studentenandrang nach Wittenberg brachte
begreiflicherweise nicht lauter gute, fromme und sittige Elemente dahin
und bei den 2000 Studierenden gab es natuerlich viel mehr zu ruegen und zu
strafen, als bei den frueheren 200. Und unter diesen Tausenden waren
Leute aus allerlei Volk; nicht nur alle deutschen Staemme, sondern auch
Auslaender: "Reussen und Preussen, Hollaender und Engellender, Daenemarker
und Schweden, Boehmen, Polen, Hungern, Wenden und Winden, Walen und
Franzosen, Spanier und Graeken." Die Buerger beuteten die Studierenden
aus. Weibliches Gesindel zog herbei, wie Luther meinte, von den
Widersachern geschickt, und es gab manche "Speckstudenten", die sich
lieber in dem Lustwaeldchen "Specke" umhertrieben, statt in der Schule
Gottes Wort, Tugend und Zucht zu lernen. Gegen solche Unordentlichkeit
trat nun Luther als alter treuer Prediger mit vaeterlicher Vermahnung
auf. Er bittet seinen "Bruder Studium, sich still, zuechtig und ehrlich
zu halten, des warten, warum sie hergesandt und mit schweren Kosten von
den Ihren erhalten werden, dass sie Kunst und Tugend lernen, weil die
Zeit da ist und solche feine Praezeptoren da sind." Er ermahnte den Rat,
die Laster zu strafen, und die Buerger, dem "Geiz" zu steuern. Aber die
Buerger der kleinen Universitaetsstadt hielten zumeist auf ihren Vorteil,
der Rat war laessig und aengstlich, wie Luther oftmals klagt gegenueber der
schoenen Ordnung in einer Reichsstadt wie Nuernberg, und die Studenten
wies er vergeblich auf seinen grauen Kopf; sie ueberhoerten seine
schmerzlichen und herzlichen Mahnungen: "Ach, mein Bruder Studium,
schone mein und lass es nicht dahin kommen, dass ich muesse schreien wie
St. Polykarpus: Ach Gott, warum hast Du mich das erleben lassen? Ich
hab's ja nicht verdient, sondern da sind vorhanden meine und euer
Praezeptoren treue Arbeit, die euch zum besten dienen in diesem und jenem
Leben."[542]
Neben und mit diesem unordentlichen Wesen nahm die Ueppigkeit in der
Stadt bei Doktorschmaeusen und besonders bei Hochzeiten und Kindtaufen so
ueberhand, dass mancher Mann (z.B. Georg Major durch sein Doktorat und
neun Kindtaufen) in Schulden geriet. Ja, es riss die neue Kleidertracht
ein, "die Jungfrauen zu bloessen, hinten und vorn", und niemand war da,
"der da strafe oder wehre"; es schien, wie Lut
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