eine ansteckende Seuche, die "Pestilenz",
die in der sumpfumgebenen engen Festung wieder rasch um sich griff und
mit der Sommerhitze wuchs. Am 1. Juni wurde ueber Verlegung der
Universitaet beraten, am 10. bot Torgau ihr Herberge an. Aber bis 6. Juli
hielt sie noch in Wittenberg aus. Dann zog auch die Hochschule in die
Nachbarstadt und wurde in den engen winkeligen Raeumen des
Barfuesserklosters untergebracht, welches seinerzeit Leonhard Koppe zu
Fastnacht gestuermt hatte und das jetzt leer stand.
Frau Katharina blieb aber in Wittenberg, wohl wegen der Gueter, die sie
besorgen musste; wahrscheinlich hatten die studierenden Soehne und
Tischgesellen dennoch von dem einen und andern Magister, der im
Schwarzen Kloster wohnte, Vorlesungen. In dem grossen, gesund gelegenen
Hause war es ja auch einstweilen noch auszuhalten. Aber im Herbst wurde
auch das Klosterhaus von der Seuche angesteckt. Und um ihre Kinder aus
der Gefahr zu reissen, unterzog sich die besorgte Mutter wiederum den
Beschwerlichkeiten der Auswanderung. So liess sie denn einspannen, lud
das Noetigste auf den Wagen und fuhr mit ihren Kindern, die noch bei ihr
waren: Paul und Margarete, waehrend Martin scheint's schon vorher der
Universitaet nachgezogen war und Hans in Weimar auf der Kanzlei
arbeitete, das Elsterthor hinaus, Torgau zu[652].
Da geschah das Unglueck: die Pferde wurden scheu und gingen mit dem Wagen
durch ueber Stock und Stein. Die erschrockene Frau suchte das Leben ihrer
Kinder zu retten, und um die wilden Pferde aufzuhalten, sprang sie vom
Wagen, fiel aber so ungluecklich, dass sie mit dem Leib heftig auf den
Boden anprallte und dann in einen Graben mit kaltem Wasser stuerzte. Die
Aufregung, der Fall, die Erkaeltung und wohl auch eine innere Verletzung
fuehrten eine schwere Krankheit herbei[653].
So kam die Familie Luther nach Torgau. Hier wohnte sie vom Kloster aus
in der "naechsten Strasse, die nach dem Schloss fuehrt", in einem Eckhause
bei der Klosterkirche zur Herberge. Hier lag nun Frau Katharina in
grossen Schmerzen langsam dahinsiechend, gepflegt von ihrer Wirtin und
ihrer Tochter Margarete, welche jetzt 18 Jahre zaehlte[646].
Noch einen Lichtblick erlebte die Witwe Luthers in diesen Leidenstagen.
Ihr juengster Sohn Paul, der sich zu einem tuechtigen Mediziner
heranbildete, verlobte sich in dieser Zeit mit Anna von Warbeck, der
Tochter des weiland Herrn Veit von Warbeck, gewesenen Domherrn von
Altenburg und Kurfuerstl. Hofrat und Vi
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