hre Schwaegerin
Christina, die verwitwete Gemahlin eines ihrer Brueder und Mutter des
Florian, welcher in Wittenberg ihr Hausgenosse war, richtete[571]. Da
schreibt sie:
"Der ehrbaren und tugendsamen Frauen Christina von Bora, meiner lieben
Schwester zuhand.
Gnad und Fried von Gott dem Vater unsers lieben Herrn Jesu Christi!
Freundliche liebe Schwester!
Dass Ihr ein herzlich Mitleiden mit mir und meinen armen Kindern tragt,
glaeub' ich leichtlich. Denn wer wollt' nicht billig betruebt und
bekuemmert sein um einen solchen teuern Mann, als mein lieber Herr
gewesen ist, der nicht allein einer Stadt oder einem einigen Land,
sondern der ganzen Welt viel gedienet hat. Derhalben ich wahrlich so
sehr betruebt bin, dass ich mein grosses Herzeleid keinem Menschen sagen
kann, und weiss nicht, wie mir zu Sinn und zu Mut ist. Ich kann weder
essen noch trinken, auch dazu nicht schlafen. Und wenn ich haett' ein
Fuerstentum und Kaisertum gehabt, sollt' mir so leid nimmer geschehen
sein, so ich's verloren haett', als nun unser lieber Herrgott mir, und
nicht allein mir, sondern der ganzen Welt, diesen lieben und teuern Mann
genommen hat. Wenn ich daran gedenk', so kann ich vor Leid und
Weinen--das Gott wohl weiss--weder reden noch schreiben.
Katharina,
des Herrn Doctor Martinus Luther
gelassene Witfrau."
16. Kapitel.
Luthers Testament.
"Ich denke noch oft", erzaehlt der treue Hieronymus Weller nach Luthers
Tod, "an den Mann Gottes, Doktor Martin Luther, dass er sein Gemahl liess
den 31. Psalm auswendig lernen, da sie noch jung und frisch und froehlich
war und sie noch nicht wissen konnte, wie dieser Psalm so lieblich und
troestlich war. Aber ihr Mann that das nicht ohne Ursache. Denn er wusste
wohl, dass sie nach seinem Tode ein betruebtes, elendes Weib sein und
dieses Trostes, so der 31. Psalm in sich hat, sehr noetig werde
beduerfen." Und aehnlich hat sich der Doktor auch in seinem Testament
ausgesprochen, wie in seinem Brief auf seiner Trutz-Fahrt[572].
Luther kannte eben die Welt und seine und seiner Familie Lage: er kannte
der Leute Undank[573], der Fuersten Unzuverlaessigkeit und ihrer Beamten
Untreue, der Amtsgenossen kleinliche Gesinnung, der Feinde Hass, der sich
schon bei Lebzeiten auch gegen sein Gemahl in unerhoerter Beschimpfung
richtete und sich noch ungehemmter zeigen musste, wenn erst der
gefuerchtete Kaempe den Schild nicht mehr ueber sie deckte. Er wusste, dass
er ein kranker Mann war
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