nicht merken, wie gross Leid ihr geschah, dass sie
ihren lieben Herrn dergestalt so jaemmerlich da vor Augen liegen sah,
sondern sie stellte sich getrost und sprach: "Mein liebster Herr Doktor!
Ist's Gottes Wille, so will ich Euch bei unserm lieben Herrn Gott lieber
denn bei mir wissen. Aber es ist nicht allein um mich und mein liebes
Kind zu thun, sondern um viel frommer, christlicher Leute, die Euer noch
beduerfen. Wollet Euch, mein allerliebster Herr, nicht bekuemmern; ich
befehle Euch seinem goettlichen Willen, ich hoff und trau zu Gott, er
werde Euch gnaediglich erhalten."
Bald fuehlte der Kranke Besserung, die Schwaeche liess nach und der Doktor
meinte, wenn der Patient nur schwitzen koennte, so sollte es durch Gottes
Gnade fuer diesmal keine Not mehr mit ihm haben.
Da gingen die drei Maenner, um ihm Ruhe zu goennen, hinab in den Saal zur
Abendmahlzeit und hiessen die Frauen stille sein. Der Patient geriet
wirklich in Schweiss. Der Arzt sah spaeter wieder nach dem Kranken und
erklaerte die Gefahr vorbei. Dann kamen auch die Freunde, begruessten den
Genesenden, wuenschten ihm "Selige Nacht" und gingen nach Hause.
Zwar dauerte das Ohrenbrausen am Sonntag noch fort; am Abend aber konnte
der Doktor aufstehen und mit den Freunden das Abendmahl halten. Das
koerperliche Leiden war so bald gehoben; aber die "geistige Anfechtung",
wie Luther sagt, warf ihn noch eine ganze Woche in "Tod und Hoelle"
umher, so dass er zerschlagen an allen Gliedern bebte.
Kaum war dieser Schrecken vorbei, so nahte eine neue und viel laengere
Heimsuchung: die Pest, die damals ganz Deutschland durchzog, kam auch
nach Wittenberg. Alles was konnte, floh aus der Stadt; die Universitaet
wurde nach Jena verlegt; Luther aber blieb zurueck als Mann, Seelsorger
und Lehrer und seine treue Gattin mit ihm. Er war immer des Glaubens,
die Angst sei die schlimmste Seuche, die Haelfte der Leute stuerben an
Furcht davor, nicht an der Pest selbst. Er hielt es fuer einen "Spuk des
Teufels", dem er trotzen muesse, waehrend der Boese sich freue, die
Menschen so zu aengstigen und die Universitaet zu sprengen, die er nicht
umsonst so hasse. Er bleibe gerade wegen der ungeheuren Angst des
Volkes. Er ging ohne Scheu zu den Pestkranken: die Frau des
Buergermeisters Thilo Dene starb fast in seinen Armen; und andere
Pestverdaechtige nahm er in sein Haus. Dagegen war, scheint's aus Furcht
vor der Pest, Elsa von Kanitz, welche in Wittenberg Maedchenlehrerin
werden u
|