iten hierher; Luther und Frau Kaethe standen
zahllose Male zu Gevatter, denn in Wittenberg waren bei jedem Kinde
viele Paten ueblich, und fuer jeden kostete es einen Silberbecher oder
eine grosse Muenze. Die Hochzeiten und Hochzeitsgeschenke waren eine grosse
Last. So klagt Luther (1543) am Ende selber: "Die taeglichen Hochzeiten
hier erschoepfen mich"[252]. Luthers Mildtaetigkeit kannte keine Grenzen.
Er sprach als Grundsatz aus: "Wer gerne giebt, dem wird gegeben; das
erhaelt das Haus, darum, liebe Kaethe, haben wir nicht mehr Geld, so
muessen die Becher daran." Und demgemaess handelt er. Wie viele andere
Theologen und sonstige gutmuetige Menschen (auch Melanchthon) gab er
Beduerftigen und Bittenden ueber Gebuehr und Vermoegen, und gar oft an
Unwuerdige, so dass er erst durch "boese Buben witzig gemacht" wurde. Er
gestand spaeter (1532) selbst seiner Frau: "Denke, wie oftmals wir haben
boesen Buben und undankbaren Schuelern gegeben, da es alles verloren
gewesen ist." Wie weit er in seiner Gutherzigkeit ging, moegen von vielen
nur zwei Beispiele zeigen: Einem armen Studenten schenkt der Doktor,
weil kein Geld im Haus ist, einen silbernen Ehrenbecher, und als er
merkte, wie Frau Kaethe ihm abwinkt, drueckt er ihn schnell zusammen und
schickt den jungen Menschen damit zum Goldschmied; was er dafuer loese,
solle er behalten, er brauche keinen silbernen Becher. Ja, als seine
Frau im Wochenbett liegt, geraet er gar ueber das Patengeschenk seines
juengsten Kindes, um einen bedraengten Beduerftigen nicht mit leerer Hand
gehen zu lassen, und meinte: "Gott ist reich, er wird anderes
bescheren"[253].
Das gesamte, so wenig berechnende Verhalten Luthers erklaert sich
einerseits aus seiner allem Eigennutz abgeneigten Natur und seinem
grossartigen Gottvertrauen, andrerseits aber auch aus dem Mangel an
Berechnung, welche dem weltentfremdeten Moench aus seiner Klosterzeit
noch anhaftete; dies musste aber bei einem "weltlichen" Haushalt
naturgemaess dazu fuehren, dass Einnahme und Ausgabe bald nicht mehr im
richtigen Verhaeltnis zu einander stand. So hatte das junge Paar im
zweiten Jahre seiner Ehe ueber hundert Gulden Schulden, so dass Luther
seinem Freunde und ehemaligen Klostergenossen Brisger keine acht Gulden
vorstrecken konnte. "Woher soll ich's nehmen?" fragt er. "Durch meinen
schweren Haushalt und meine Unvorsichtigkeit ist es so gekommen. Drei
Becher sind fuer 50 fl. verpfaendet. Dazu kommt, dass Lukas (Cranach) und
Christian
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