Der Gevatterbrief an Amsdorf
lautet:
"Achtbarer, wuerdiger Herr! Gott der Vater aller Gnaden hat mir und
meiner lieben Kaethe gnaediglich eine junge Tochter beschert: so bitte ich
Ew. Wuerden um Gottes Willen, wollet ein christlich Amt annehmen und
derselbigen armen Heidin christlicher Vater sein und zu der hl.
Christenheit helfen durch das himmlische hochwuerdige Sakrament der
Taufe[170].
Der Gevatterinbrief lautet:
"Gnad' und Fried' in Christo! Ehrbare tugendsame Frau, liebe Freundin!
Ich bitt Euch um Gottes willen: Gott hat mir eine junge Heidin
bescheret, Ihr wollet so wohl thun und derselben armen Heidin zur
Christenheit helfen und ihre geistliche Mutter werden, damit sie durch
Euern Dienst und Huelfe auch komme aus der alten Geburt Adams zur neuen
Geburt Christi durch die hl. Taufe. Das will ich wiederum, womit ich
soll, um euch verdienen. Hiemit Gott befohlen. Amen. Ich hab selbst
nicht duerfen ausgehen in die Luft. Martinus Luther."[171]
Als Magdalena heranwuchs, sah das Maedchen dem aelteren Bruder Haenschen
"ueber die Massen gleich mit Mund, Augen und Nase, in Summa mit dem ganzen
Gesicht", und war auch gutmuetig und brav wie dieser. Diese zwei aeltesten
Geschwister hingen auch sehr aneinander. Als Luther im folgenden Jahr
waehrend des Augsburger Reichstags in Verborgenheit auf der Koburg weilte
und sich dort wie auf der Wartburg den Bart wachsen liess, um sich
unkenntlich zu machen, da liess Frau Kaethe von dem kleinen Lenichen einen
Abriss in schwarzer Kreide oder Tusche machen, welches freilich etwas zu
dunkel geraten scheint, und sandte es ihm als Herzstaerkung in seine
"Wueste", wo der Doktor in Einsamkeit und Thatlosigkeit oft trueben
Gedanken nachhing, auch sich gar viel aergern musste ueber den Gang der
Dinge in Augsburg; auch war gerade sein Vater gestorben, der alte Hans
Luther, was den Sohn tief bewegte, denn er hing mit kindlicher Liebe und
Ehrfurcht an ihm. Da der Vater das Konterfei des Toechterchens zuerst
ansah, konnt' er sie nicht erkennen. "Ei", sprach er, "die Lene ist ja
schwarz". Aber bald gefiel sie ihm wohl und duenkte ihm je laenger je
mehr, es sei Lenchen. Der Doktor haengte die Kontrefaktur gegen den Tisch
ueber an die Wand im Fuerstenzimmer, wo er ass, und vergass ueber die Massen
viel Gedanken mit dem Bilde."[172]
Das Maedchen wurde vom Vater anders behandelt als der Sohn. Dieser wurde
mit Ernst gezogen und Luther wollte, dass man ihm nichts lasse gut sein.
Aber mit seine
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