e leicht beiseite.
Sie beugte den Kopf, als sie das Auge an die Thuer legen wollte, packte
Grete der Uebermut, so dass sie Flora einen Stoss gab und diese mit dem
Haupte gegen die Thuer flog. Das war ein Schreck! Wie der Wind flogen alle
bis an das andre Ende des Vorsaals, - wenn Fraeulein Raimar das Geraeusch
gehoert haette! "Dann sind wir einfach furchtbar blamiert," erklaerte Melanie
und schalt Grete albern und ungezogen.
"Du bist ein Tollpatsch, Grete, im hoechsten Grade ungebildet!" sagte Flora
entruestet, und Annemie lachte, dass ihr die hellen Thraenen ueber die Wangen
liefen.
"Sei mir nicht boese, dass ich dich auslache, Flora," sagte diese, "aber ich
kann nicht anders. Du sahest zu komisch aus und machtest ein so entsetztes
Gesicht, als du mit deinem griechisch frisierten Kopf gegen die Thuer
flogst."
Fraeulein Raimar hatte wirklich ein Klopfen an der Thuer vernommen, sie
oeffnete dieselbe, und als sie die Maedchen stehen sah, rief sie ihnen zu,
sich zu beeilen.
Das war ein kritischer Moment. Unbemerkt stiessen sie sich untereinander an
und stritten sich leise, wer die erste sein solle.
"Du musst vorangehen, Orla, du bist die aelteste," fluesterte Ilse.
"Ich bin die juengste, ich komme zuletzt!" rief Grete, die sonst immer mit
ihrem Munde die erste war.
"Lass mich die letzte sein, Grete," bat Annemie, "ich habe mich noch nicht
ausgelacht."
Rosi war die verstaendige, wie immer. "Komm, Orla," sagte sie, "wir duerfen
Fraeulein Raimar nicht warten lassen. Wir benehmen uns ueberhaupt hoechst
kindisch, finde ich. An allem ist Gretes Albernheit schuld."
Das gute Beispiel der beiden Aeltesten wirkte wohlthuend auf die uebrigen.
Sie nahmen sich zusammen und gingen ruhig und ernst in den Saal.
"Meine Damen, erlauben Sie, dass ich Ihnen die Herren vorstelle," mit
diesen Worten empfing sie der Tanzlehrer. Es folgten Verbeugungen von
beiden Seiten.
Flora schwamm in Seligkeit, sie hatte unter den Herren einen Primaner
erkannt, fuer den sie bereits laengst im Geheimen schwaermte. Erst kuerzlich
hatte sie ihn als Apoll in Jamben besungen.
Fraeulein Guessow stand neben der Vorsteherin und hatte ihre Freude an den
jungen Maedchenblueten. An Ilse hing ihr Auge am zaertlichsten. Wie reizend
hatte sich ihr Liebling entfaltet! Koerperlich und seelisch. Wie viel
gleichmaessiger war das stuermische Kind geworden. Wo war der boese Trotz
geblieben?
Sie verglich Ilse mit den uebrigen und fand, dass sie nich
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