mit einverstanden, sie behauptete,
Rosi passe weit besser zu dieser Rolle, diese aber hatte nicht einen
Funken schauspielerischen Talentes und wuerde sich niemals dazu verstanden
haben, Theater zu spielen. Sie sprach auch weniger fliessend franzoesisch
als Flora.
Fraeulein Guessow machte nicht viel Umstaende. "Wie du willst, Flora," sagte
sie, "macht es dir kein Vergnuegen, diese allerliebste Rolle zu uebernehmen,
so waehle ich eine Tagesschuelerin dafuer und du kannst diesmal nur
Zuschauerin sein."
Das behagte Flora noch weniger. Nach einigem Zoegern entschloss sie sich,
freilich wie sie sagte, mit grosser Selbstueberwindung, die Alte zu spielen.
Ilse und Melanie stellten deren Toechter dar und passten in ihren
Charaktereigentuemlichkeiten praechtig dazu. Melanie putzsuechtig, elegant
und eitel, Ilse das Gegenteil. Wild und unbaendig, trotzig und
widerspenstig, natuerlich nichts weniger als elegant fuehrt sie die
uebermuetigsten Streiche aus und die schwache Mutter ist nicht im stande,
sie zu zuegeln. Da erscheint ein junger, entfernter Verwandter,
interessiert sich fuer den Wildfang und versteht es, durch Guete und
Festigkeit die Tugenden in demselben zu wecken und die Widerspenstige zu
zaehmen. Zum Schlusse wird sie seine Braut.
"Orla, du kannst die Rolle des Vetters uebernehmen," bestimmte die
Lehrerin.
"Orla?" fragte Ilse verwundert, "sie kann doch keinen Mann darstellen?"
Es erhob sich ein wahrer Sturm unter den jungen Maedchen bei Ilses
unschuldiger Frage. Die Stimmen schwirrten durcheinander, denn jede war
bemueht, Ilse ueber ihre Unwissenheit aufzuklaeren.
"Weisst du denn nicht, wie es bei uns Sitte ist?" fragte Orla.
"Mit Herren duerfen wir nicht Theater spielen," bemerkte Flora spottend,
"sie sind verpoent in der Pension!"
"Du bist naiv, Ilse!" rief Melanie. "Das ist ja eben so ledern und
furchtbar oede, dass wir Maedchen auch Maennerrollen geben muessen!"
"Herren, Herren!" wiederholte Annemie unter lautem Lachen, "es ist zum
totlachen!"
"Ja, wenn Herren mitspielten, dann moechte ich Ilses Rolle spielen,"
ueberschrie Grete mit ihrer kraeftigen Stimme alle uebrigen, "so aber -"
"So aber wirst du den Bauernjungen uebernehmen, Grete," fuhr Fraeulein
Guessow dazwischen. Die Aufgeregten hatten ganz deren Gegenwart vergessen.
"Und jetzt bitte ich mir Ruhe aus, ihr unbaendigen Kinder! Fraeulein Raimar
hat ihre triftigen Gruende zu ihren Bestimmungen, wie koennt ihr euch
dagegen auflehnen? Das
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