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sie so jung als Waise zurueckliess!
Still setzte sie sich neben die Freundin auf den Bettrand und ergriff
deren Hand.
"Komm," sagte sie mit unsichrer Stimme, "setze dir hoch. Du machst dir
auch krank, wenn du so hitzig bist! Und wenn wir uns tot weinen, wir
machen doch der arm' klein' Herz nicht gesund. Wenn der liebe Gott sagt:
{~SINGLE RIGHT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~}Ich will der klein' Engel zu mich nehmen,{~SINGLE LEFT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~} was koennen wir da machen? - O
Ilse! es ist gar nicht so schrecklich, als ein jung Kind zu sterben! Wer
weiss, welch' traurig Schicksal unsre Lilli aufwartete: Ist es nicht
besser, da tot zu sein? - Ich waer' sehr gluecklich, wenn mich der liebe
Gott als klein' Kind zu sich genommen haette!"
Wie traurig das klang! Sofort wendete sich Ilses ganzes Mitleid ihrer
einzigen Nellie zu. Sie antwortete nichts, aber sie erhob sich und
umschlang dieselbe fest und innig. Und die beiden jungen Maedchengestalten
in ihren duftigen Ballgewaendern, die sie nur zur Freude zu tragen gehofft
hatten, schlossen in diesem ernsten Augenblick einen innigen
Freundschaftsbund fuer das ganze Leben. Der Mond trat ploetzlich hinter dem
dunklen Gewoelk hervor und verklaerte mit seinem blassen Schimmer die
lieblichen, thraenenvollen Gesichter der Freundinnen wie zwei betaute
Rosen, die an einem Stengel erblueht sind. -
* * *
Es war ein truebseliger Sonntag, der dem Ballfeste folgte. Als die junge
Schar, noch ganz erfuellt von der Erinnerung an dasselbe, beim Morgenkaffee
sass, trat Fraeulein Guessow ein. Bei ihrem Anblick verstummte das froehliche
Geplauder, ihr blasses und verweintes Gesicht verkuendete nichts Gutes.
Ilse und Nellie waren sofort an ihrer Seite, sie hatten bis dahin
seitwaerts gestanden; es war ihnen unmoeglich, an der Froehlichkeit der
andern teilzunehmen.
"Ist es besser?" fragte Ilse hoffend und bangend zugleich.
Traurig schuettelte die Angeredete den Kopf und ihre Augen fuellten sich mit
Thraenen. "Nein," sagte sie, "es ist nicht besser. Die Krankheit hat sich
gesteigert und ihr muesst euch auf das Schlimmste gefasst machen. Ich teile
euch dies mit, Kinder, damit ihr nicht allzusehr erschreckt, wenn -" Sie
konnte den Satz nicht vollenden, Thraenen erstickten ihre Stimme.
Eine augenblickliche Todesstille trat bei dieser Eroeffnung ein. Als aber
Ilse laut zu schluchzen anfing, da erhob sich ein allgemeines Jammern und
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