tet, dir etwas recht Erfreuliches zu verkuenden. Ahnst du nicht,
was es sein koennte?"
"Nein," entgegnete Ilse und blickte die Vorsteherin erwartungsvoll fragend
an.
"Dir ist ein Bruederchen beschert worden! Da, hier lies selbst, der Papa
hat fuer dich einen Brief eingelegt."
Aber Ilse vermochte nicht zu lesen in diesem Augenblick. Die Nachricht
hatte sie bis in das Innerste erfreut und durchzittert. Das Blut schoss ihr
heiss in die Wangen, und ehe sie noch ein Wort ueber die Lippen bringen
konnte, flog sie dem Fraeulein an den Hals und kuesste dieselbe. Sie musste an
jemand ihre jubelnde Freude auslassen.
Als sie zur Besinnung kam, schaemte sie sich ihrer Uebereilung. Wie konnte
sie allen Respekt ausser acht lassen und so ungeniert die Vorsteherin
umarmen!
"Verzeihen Sie," sagte sie befangen und trat bescheiden zurueck. Aber
Fraeulein Raimar schnitt ihr das Wort ab und nahm sie noch einmal herzlich
in den Arm.
"Komm her, mein Kind," sagte sie warm, "und lass mich die erste sein, die
dir von ganzem Herzen Glueck wuenscht." - Spaeter aeusserte sie gegen Fraeulein
Guessow, dass Ilses strahlende Freude ihr so recht den Beweis fuer deren
kindlich unbefangenes Herz gegeben habe. Anfangs habe sie nicht geglaubt,
dass Ilses trotzige Natur sich jemals zuegeln lassen werde.
Der Brief an Ilse war nur kurz und von der Mutter schon vor mehreren Tagen
an sie geschrieben. Der Papa trug an der Verzoegerung schuld, er hatte noch
einige Zeilen hinzufuegen wollen und war nicht gleich dazu gekommen.
"Lies erst, was sie schreibt!" bat Nellie, zu der Ilse jubelnd in das
Zimmer gestuerzt war, "lies erst, nachher sprechen wir von die Baby."
Und Ilse las:
"Mein teures Kind!
Dein letzter Brief hat mich sehr gluecklich gemacht! Ich kann den
Augenblick kaum erwarten, wo ich Dich an mein Herz nehmen darf, um Dir mit
einem herzlichen Kuss zu sagen, dass ich Dir niemals boese war. Ich wusste
immer, dass mein Trotzkoepfchen schon den Weg zu mir finden werde. Mache Dir
nur keine Sorgen um vergangene kleine Suenden, sie sind laengst in alle
Winde verweht, denke lieber an die zukuenftige Zeit, in der wir wieder
beisammen sind, und male sie Dir so rosig aus, wie Deine junge Phantasie
es nur zu thun vermag. Ich habe Dich sehr, sehr lieb! Mit zaertlichen
Kuessen
_Deine Mama_."
Und der Papa hatte gestern fluechtig dazu geschrieben:
"Hurra
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