dern Seite zu
Leo hinueber, - Ilse verstand nichts von allem.
Hoechst ungluecklich stand sie da und blickte dem Zuge nach, der ihre
einzige Bekannte hier in die Ferne fuehrte. "Nun bin ich verlassen!" sprach
sie fuer sich, "was soll ich nun anfangen!" Es war merkwuerdig, wie ihre
mutige Sicherheit ein so schnelles Ende genommen hatte. - Wie recht hatte
Fraeulein Guessow mit ihrer Besorgnis! Auf diesen Fall war sie gar nicht
vorbereitet! Was sollte sie nun beginnen? Am liebsten haette sie wie ein
kleines Kind angefangen zu weinen, sie schaemte sich nur vor dem jungen,
blonden Postbeamten, der zu einem Parterrefenster hinauslehnte und sie
neugierig beobachtete.
Aus ihrer peinlichen Ratlosigkeit schreckten sie ploetzlich eilige Schritte
auf und gleich darauf erfolgte die Anrede: "Gnaediges Fraeulein, ich bitte
um einen Augenblick!"
Ilse wandte den Kopf, und als ihr Auge fluechtig die Gestalt eines jungen
Mannes streifte, erfasste sie eine unnennbare Angst. Was wollte er von ihr
- warum redete er sie an? Sie verlor alle ruhige Fassung und nur der eine
Gedanke beherrschte sie: Du darfst ihn nicht anhoeren! - Als ob sie nichts
gehoert habe, ging sie weiter, und als sie bemerkte, dass sie verfolgt
wurde, beschleunigte sie ihre Schritte. Wie ihr das Herz klopfte vor Angst
und Aufregung!
"Sie haben etwas verloren, gnaediges Fraeulein, wollen Sie nicht die Guete
haben, mir einen Augenblick Gehoer zu schenken!" rief er dringend.
Nun stand sie still, aber sie wagte nicht, sich nach ihm umzusehen. Er
benuetzte schnell diesen Moment und trat vor sie hin. Mit einem leichten,
spoettischen Laecheln betrachtete er den kleinen Backfisch, der so aengstlich
und bloede vor ihm davonlief. Schon schwebte ihm eine etwas ironische
Bemerkung auf den Lippen, die er indes unterdrueckte, als er in das
liebliche, rosige Antlitz sah. Mit niedergeschlagenen Augen und in
aengstlicher Verlegenheit stand sie vor ihm. - {~SINGLE RIGHT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~}Wie eine Waldblume{~SINGLE LEFT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~} hatte
Tante Rat zu ihm gesagt, jetzt wusste er, wen sie damit gemeint.
"Ich fand diesen Brief dort," sprach er, "gehoert er vielleicht Ihnen?"
Ein fluechtiger Blick belehrte Ilse, dass er den Brief ihres Papas in der
Hand hielt. "Ja," sagte sie, ziemlich beschaemt ueber ihr albernes
Davonlaufen, "er gehoert mir." - Sie nahm ihn in Empfang, ohne den jungen
Mann anzusehen.
"Ich danke Ihnen," fuegte sie noch hinzu und wo
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