zu befoerdern und alles Noetige fuer deine Weiterreise zu
besorgen.
"Vergiss nicht, eine Photographie von mir in die Hand zu nehmen; Gontraus,
denen du ja unbekannt bist, werden dich daran erkennen."
"Hast du das Bild?" fragte das Fraeulein, und als Ilse bejahte, gab sie
derselben noch mancherlei gute Lehren mit auf den Weg. "Ich weiss, du bist
verstaendig und wirst auch vorsichtig sein, aber du bist noch unerfahren
und kennst die Welt und die Menschen nicht; - es giebt Leute, die gar zu
gern unsre ganzen Lebensverhaeltnisse herauslocken moechten und hoechst
geschickt zu fragen verstehen; weiche ihnen soviel wie moeglich aus und sei
hoechst vorsichtig in deinen Aeusserungen. Fuer alle Faelle warne ich dich
aber, in keiner Weise eine Aufmerksamkeit oder eine Gefaelligkeit, wenn sie
dir ueberfluessig erscheint, von einem Herrn, sei er jung oder alt,
anzunehmen. Folge nur stets deiner zurueckhaltenden Natur, liebes Herz,
dann wirst du auch das Rechte thun."
"Einsteigen!" rief der Schaffner und unterbrach die liebevollen
Ermahnungen der jungen Lehrerin. Weinend umarmte Ilse dieselbe, und alles,
was sie an Liebe und Dankbarkeit fuer dieselbe empfand, stammelte sie in
zwei Worten muehsam hervor: "Dank - Dank -"
"Leb' wohl denn, mein geliebtes Kind!" entgegnete diese und schloss ihr den
Mund mit einem innigen Kusse.
Und Nellie? Der Abschied von ihr war der schwerste Augenblick fuer Ilse.
"Behalt' mir lieb," bat sie kaum hoerbar und sah dabei so ungluecklich aus,
als ob das Glueck fuer immer von ihr scheide. Und Ilse hielt sie fest
umschlungen und vermochte kein Wort hervorzubringen, - dann riss sie sich
los und stieg ein.
Im letzten Augenblicke stieg noch eine alte Dame mit weissen Locken ein.
Sie war ganz ausser Atem von dem eiligen Gehen und schien etwas aengstlich
und unbeholfen zu sein. Fraeulein Guessow war ihr beim Einsteigen behilflich
und als der Schaffner ihr Billett koupierte, erfuhr sie zu ihrer grossen
Freude, dass die Dame und Ilse die gleiche Reisetour hatten. Sie richtete
die herzliche Bitte an dieselbe, dass sie das junge Maedchen unter ihren
Schutz nehmen moege. Mit groesster Liebenswuerdigkeit versprach dies die Dame.
Langsam setzte sich der Zug in Bewegung. Ilse lehnte zum Fenster hinaus
und gruesste mit dem Tuch die Zurueckbleibenden. - Schmerzlich bewegt blickte
Fraeulein Guessow dem Zuge nach, es war ihr, als ob er ein Stueck von ihrem
Herzen mit sich naehme! Noch nie hatte sie mit so vieler
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