erste
September vierundfuenfzig Tage - fehlt also zwei volle Tag an der achte
Woch -"
Trotz ihres Kummers musste Ilse lachen. "Du liebe, suesse Nellie," rief sie
und kuesste diese herzlich auf den Mund, "du bist doch immer komisch, selbst
wenn du traurig bist! Weisst du, wir wollen uns das Herz nicht heute schon
schwer machen mit dem Gedanken an unsre Trennung, wir gehen ja nicht fuer
immer auseinander! Du besuchst mich bald, - ja?"
Aber Nellie war einmal weich gestimmt heute abend und der Freundin Trost
fand keinen Eingang in ihrem Herzen. Sie versuchte zwar die Thraenen zu
unterdruecken, aber sie brachen immer neu hervor. Ilse lehnte den Kopf an
ihre Schulter und schwieg. In ihrem Innern kaempften der Schmerz und die
Freude. Sie haette so gern sich auf das Wiedersehen ihrer Lieben, besonders
des kleinen Bruederchens, gefreut, sie vermochte es nicht ungetruebt, weil
der Abschied von Nellie dazwischen stand. -
"Hier sind sie! Kommt, hierher! Sie sitzen beide unter dem Holunderbusch!"
Keine andre als Grete war es, die durch ihren lauten Ruf die Traeumenden
aufschreckte. Unbemerkt war sie aus einem Seitenweg hervorgetreten und
stand nun wie aus der Erde gewachsen vor ihnen.
Ilse sprang auf und trat den andern Maedchen, die herbeigeeilt kamen,
entgegen. Nellie trocknete verstohlen ihre Thraenen und machte wieder ein
heitres Gesicht.
"Wir haben euch ueberall gesucht," sagte Orla, "was macht ihr denn hier?"
"Ich glaube wahrhaftig, ihr schwaermt im Mondenschein, Kinder," lispelte
Melanie, "ihr macht so furchtbar schmachtende Augen alle beide, habt ihr
geweint?"
Grete musste sich hiervon genau ueberzeugen, sie trat zu Nellie und sah sie
neugierig pruefend an. "Du hast geweint, Nellie - und du auch Ilse -"
behauptete sie entschieden. "Was habt ihr denn? Warum weint ihr?"
"Um nix!" entgegnete Nellie aergerlich ueber die unzarte Grete.
"Um nichts weint man doch nicht," fuhr dieselbe unbeirrt fort, "bitte,
sagt es doch, warum ihr geweint habt."
"Lass deine zudringlichen Fragen," verwies sie Flora, "und wenn sie dir
sagen wuerden: {~SINGLE RIGHT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~}Der silberne Mond, die duftenden Rosen, der entzueckende
Sommerabend, so recht zur Liebe und Traurigkeit geschaffen, haben unsern
Herzen Wehmut und Thraenen entlockt,{~SINGLE LEFT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~} - wuerdest du das verstehen? Niemals!
Denn du hast keinen Sinn fuer die hoehere Sphaere - du bist zu prosaisch!"
Sie begleitete
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