eisst nur in Farbe und Schnitt.
Der Ausdruck der Ihrigen ist lebhafter, er verraet nicht das sanfte
Taubengemuet der seligen Mama. Koennen Sie zornig blicken?" fragte er
scherzend.
"Aber lieber Mann," unterbrach ihn Frau Gontrau lachend, "erst stellst du
ein peinliches Examen mit dem Aeusseren unsres lieben Gastes an, nun gehst
du auch noch auf die Charaktereigenschaften ueber! - Kommen Sie, liebes
Kind, ich will Sie erloesen. Ich werde Sie auf Ihr Zimmer fuehren, damit Sie
sich von der langen Reise etwas erfrischen koennen. Ich habe Sie dicht
neben mein Schlafzimmer einquartiert, die Fremdenzimmer liegen eine Treppe
hoeher, und ich dachte, die Kleine fuerchte sich, allein dort zu schlafen."
"O wie reizend!" rief Ilse kindlich erfreut und verriet, dass sie im Punkte
der Furcht noch ganz wie ein richtiges Kind empfand.
"Leo," redete der Amtsrat den Sohn an, als die Damen das Zimmer verlassen
hatten, "ist sie nicht ein reizendes Kind?"
Der Angeredete schien sehr vertieft in seiner Zeitungslektuere, wenigstens
musste der Vater noch einmal die Frage wiederholen, bevor er eine Antwort
erhielt.
"Ja, ja," gab er gleichgueltig zur Antwort, "sie ist ein ganz netter,
kleiner Backfisch!"
"Netter Backfisch! Ist das ein Ausdruck fuer ein so liebliches Wesen! Hast
du denn gar keine Augen im Kopfe? Ich sage dir, Temperament steckt in dem
{~SINGLE RIGHT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~}kleinen Backfisch{~SINGLE LEFT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~}, mehr als du dir traeumen laesst! Ein Blick und ich weiss
Bescheid! Du hast kein Urteil, mein Junge, darin ist dein Vater dir ueber!"
Leo gab keine Antwort darauf und las andaechtig weiter.
Die Abendstunden entschwanden in Frohsinn und Heiterkeit. Ilse plauderte
und erzaehlte ganz ohne Scheu. Sie fuehlte sich heimisch bei den lieben
Menschen. Der Landrat liebte es, sie zu necken, und sie verstand seinen
Scherz.
"Bleiben Sie einige Tage hier," redete er ihr zu, "die Zeit ist so kurz
bis morgen mittag. Wir telegraphieren den Eltern, dass wir Sie hier
behielten, sie werden nicht boese darueber sein."
Leo warf einen schnellen Blick zu Ilse hinueber, der fast wie eine Bitte
aussah, auch erbot er sich, ganz frueh am andern Morgen nach dem
Stationsgebaeude zu reiten, um ein Telegramm aufzugeben. Frau Gontrau
unterstuetzte die Bitte ihres Mannes mit grosser Waerme.
"Es waere eine grosse Freude fuer uns, wenn Sie blieben," sagte sie, "es
fehlt uns ein frisches Element in unsrem Hau
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