von ihren Gefuehlen, in ihrer
kindlichen Unbefangenheit hat sie mir ihr Geheimnis verraten. Sie spricht
gern und oft von Gontraus und weilt am liebsten in ihrer Erinnerung bei
dem Sohne, von dem sie ausfuehrlich jede Kleinigkeit erzaehlt. Du muesstest
sie hoeren, wenn sie die Erkennungsszene am Bahnhof in Lindenhof erzaehlt,
und sehen, wie ihre Augen dabei strahlen."
"Nun ja," fiel er ihr ins Wort, "das war romantisch! Du bist eine so kluge
Frau, mein Annchen, weisst du denn nicht, dass alle Backfischchen gern
schwaermen?"
"Hoere nur weiter zu, Richard. Neulich fragte sie mich ganz aus dem
Stegreife, ob ich den Namen {~SINGLE RIGHT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~}Leo{~SINGLE LEFT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~} schoen faende, und ob Juristen kluge
Menschen waeren? Den Rosenstrauss, den sie bei ihrem Abschied erhielt, hat
sie aufbewahrt. Als neulich die Hausmagd denselben wegwerfen wollte, ward
sie fast aergerlich. Sie nahm ihr denselben aus der Hand und steckte die
vertrockneten Blumen in eine Vase, die heute noch auf ihrem Schreibtische
steht."
"Ist das alles, was du weisst?" lachte der Oberamtmann vergnuegt und auch
sehr erleichtert, "dann muss ich dir sagen, liebes Kind, dass deine
Beobachtungen auf sehr wacklichen Fuessen stehen. Ich kenne meinen Wildfang
besser und weiss, dass er noch fern von solchen Allotrias ist. Ilschen
verliebt! Ha, ha, ha! Vergieb, Frauchen, dass ich dich auslache, aber ich
kann nicht anders!"
Sie mochte nicht weiter seine sichere Unbefangenheit stoeren und brach das
Gespraech ab. "Was kommen soll, kommt doch," dachte sie, "und wer kann
sagen, wie bald!" - Wenige Tage nach diesem Gespraeche fand das Erntefest
statt. Frau Macket und Ilse befanden sich am Morgen dieses Tages in dem
grossen Gartensaale. Sie ordneten noch hier und da einiges an der gedeckten
Tafel, die festlich geschmueckt und zum Empfange vieler Gaeste bereit stand.
Ilse beschaeftigte sich damit, die Vasen mit Blumen zu fuellen. Es war ihr
so vergnuegt und froh um das Herz und singend und traellernd verrichtete sie
ihre Arbeit.
"Mama," unterbrach sie sich ploetzlich, "weisst du, dass ich eigentlich recht
betruebt heute bin?"
"Nein," entgegnete die Angeredete laechelnd, "davon habe ich noch nichts
gemerkt. Weshalb wolltest du auch betruebt sein?"
"Weil Nellie mir nicht geschrieben hat. Ich habe sie so herzlich zu unsrem
Erntefeste eingeladen und sie hat mir keine Antwort darauf gegeben. Heute
sind es sechs Tage, das
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