uch
Tugenden! Weint sie nicht wie ein Kind, wenn man ihr vom Unglueck
berichtet, moechte sie nicht stets helfen? Hilft sie nicht? Ist sie nicht
ruehrend besorgt um ihre Kinder und sitzt sie nicht wie juengst, als
Carlitos krank war, Tag und Nacht an ihrem Bett? Ist sie nicht stets
liebevoll gegen Sie, Clairefort, sieht sie nicht zu Ihnen empor wie zu
einem Hoehergearteten und nimmt jeden Tadel, jedes Scheltwort ohne Murren
entgegen? Ist sie nicht ohne Beispiel selbstlos? Verlangt sie je etwas
fuer sich? Ist es nicht nur immer der Gedanke an andere, der ihre
Entschluesse bestimmt? Sah man je ein so glueckliches Gemisch von
natuerlichem Verstand und Herzensguete?--Ja, sie ist sorglos, kannte nie
eine Einschraenkung, weiss nichts von materiellen Sorgen, giebt mit vollen
Haenden, oft vielleicht unverstaendig--"
Hier unterbrach Clairefort den Sprechenden, und indem er ihn mit einem
Blick anschaute, durch den man eine vertrauensvolle Aeusserung einzuleiten
und sich Verschwiegenheit zu sichern pflegt, sagte er:
"Nein, nein! Immer, immer unverstaendig! Masslos, Freund! Ihre
Verschwendung ist grenzenlos. Wie soll das ueberhaupt werden? Unter uns:
Wenn das meine Frau noch einige Jahre so forttreibt, bin ich ruiniert.
Schon lange war ich gezwungen, mein Kapital anzugreifen."
Teut schwieg. Was er hoerte, ueberraschte und beunruhigte ihn aufs
hoechste. Unwillkuerlich draengte sich ihm der Gedanke auf, weshalb der
Mann, wenn die Dinge so lagen, sein Hauswesen, seine Geselligkeit nicht
einschraenke, die zahllose, meist ueberfluessige Dienerschaft nicht
entlasse und Ange, die ihrer Eigenart nach auch in einfacheren
Verhaeltnissen zufrieden leben wuerde, die Gelegenheit naehme, so thoericht
zu wirtschaften. Aber er fand sich doch nicht berechtigt, dergleichen
auszusprechen, und waehrend seines Schwankens kam ihm Clairefort zuvor:
"Ich weiss, was Sie mir erwidern werden, Teut," hob er, unter der
Bestaetigung seiner Gedanken wiederholt das Haupt bewegend, an. "Sie
meinen, ich sei nicht minder schuld als Ange. Wir koennten uns anders
einrichten und dadurch Einnahmen und Ausgaben in das richtige
Gleichgewicht bringen. Auch Tibet draengt mich seit Jahr und Tag, aber
dann--dann--"
Er hielt inne. Ein aengstlich unschluessiger Ausdruck trat in seine
Mienen, und nur mit Ueberwindung loesten sich die Worte aus seinem Munde:
"Sehen Sie! Es wird Ihnen raetselhaft erscheinen," fuhr er endlich
abgerissen und in Pausen sprechend, fort. "Ic
|