seidenen Rock empor, lief rasch davon und rief: "Das muessen
Jorinde und Ange sehen! Nein, nein, ich gebe es nicht!"
Ange liess denn auch das Kind gehen und machte der Zofe ein Zeichen,
nachzueilen.
Als sie zu Teut emporblickte, begegnete sie seiner missbilligenden
Miene. "Unverbesserlich sind Sie, liebe Graefin," sagte er und schuettelte
den Kopf.
"Nicht schelten!" bettelte sie und sah ihn mit ihrem bezaubernden Blicke
an. "Aber doch ernsthaft raten! Sehen Sie, liebster Teut, das ist mein
bestes Kleid, und darin kann ich doch den Ball nicht besuchen, nicht
wahr?"
Allerdings: das Kleid war unverantwortlich behandelt. Die Spitzen, mit
denen man es besetzt hatte, waren zerrissen; die Schleppe war besudelt,
an der Taille fehlten Knoepfe. Im uebrigen war der Stoff eine mit
anmutigen Blumenbouquets durchwirkte weisse Seide, einer Koenigin wuerdig.
"Man koennte die Robe einer geschickten Schneiderin uebergeben, sie mit
neuen Spitzen garnieren und saeubern lassen," sagte Teut phlegmatisch. Er
war selbst erstaunt ueber den Umfang seiner Kenntnisse und ueber seine
praktischen Ratschlaege.
"Nein, nein!" sagte Ange, als ob es sich um ein Puppenkostuem handle.
"Hier ist ja sogar ein grosses Loch!" und sie zeigte ihm den Rock, in
welchem uebrigens nur die Naht hinten seitlich eingerissen war.
"Kann genaeht werden!" entschied Teut mit seiner stoischen Ruhe.
"Ach, mit Ihnen ueber Toilette sprechen! Kommen Sie, Teut! Wir haben
wundervolle Melonen erhalten. Der Fruehstueckstisch ist gedeckt."
"Nein," sagte er, "erst muss ich Sie sprechen. Heute ist die erste
Lektion."
Sie sah ihn mit ihrem naiven Blick an, dann glitt ein ungeduldiger
Ausdruck ueber ihr Gesicht.
"Wieder eine Waldpredigt! Nein, heute mag ich nicht; weshalb quaelen Sie
mich! Ach, wie war ich sonst gluecklich! Nun stehen Sie neben mir wie ein
Schulmeister; ich bin doch kein Kind mehr!"
"Doch, ja," sagte Teut kurz. Und dann weicher: "Sie sind ein Kind, ein
liebes, reizvolles Kind. Aber nun kommen Sie! Lassen Sie uns noch einmal
reden!"
Er stand auf und schloss die Thuer. Ange graute bei diesen Vorbereitungen.
"Zuerst, liebe Freundin--bitte, setzen Sie sich doch mir gegenueber, dort
in den Fauteuil" (sie that es schmollend und zerpflueckte eine spaet
erbluehte weisse Rose, deren Blaetter sie auf den Teppich fallen
liess)--"ein sehr ernstes Wort! Ich habe mit Clairefort gesprochen; es
ist, wie er sagt. Sie besitzen heute nur einen Teil Ihres beid
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