angewiesen ist.
Frau Olga konnte nur hassen oder lieben; richtiger gesagt: nur hassen
oder die Menschen sich dienstbar machen, denn sie besass neben einem
uebertriebenen Hochmut, wenig Herz und zertrat ohne Bedenken, was sich
ihr hindernd in den Weg stellte. Es war indessen bei allen diesen
Eigenschaften bezeichnend, dass sie gegen Menschen, die eine Stellung in
der Gesellschaft einnahmen, sich von einer geschmeidigen Hoeflichkeit
zeigte und nicht ruhte, bis es ihr gelang, in einen engeren Verkehr mit
ihnen zu treten.
Ihr Hauswesen war musterhaft geordnet; man amuesierte sich gut in dem
Inkschen Hause. Frau Olga befolgte eine weise Lehre, die so wenigen
bekannt ist und jedenfalls selten befolgt wird. Sie betrachtete den Gast
wie einen Vogel, der sich nach seiner Neigung hier oder dort unter den
Baum fluechtet, nascht, zwitschert und nach Geschmack und Laune wieder
davonfliegt.
Der Verkehr mit dem sprichwoertlich reichen Rittmeister Baron von
Teut-Eder war seit Jahren fuer Frau Olga eine unerfuellte Hoffnung
geblieben. Alle ihre Versuche, ihn heranzuziehen, scheiterten an seiner
hoeflichen, aber entschiedenen Abwehr. Dies reizte Frau von Ink um so
mehr, als Widerstand in solchen Faellen den Wert erhoeht. Ueberdies besass
sie drei Toechter, von denen eine aus der ersten Ehe ihres Gatten
stammte.
Klara von Ink, ein blasses, aeusserst grazioeses, aber nicht mehr ganz
junges Maedchen, sah man haeufig mit verweinten Augen. Zwei Menschen
konnten sich nicht ehrlicher hassen als Mutter und Stieftochter, aber
selten fand man auch zwei so verschiedene Charaktern.
Klara war eine offene, aufrichtige, allem Schein abgeneigte Natur,
waehrend die Tiefen der Seele einer Frau Olga noch niemand ergruendet
hatte. Natuerlich wuenschte Frau von Ink ihre beiden recht huebschen Kinder
zu verheiraten, aber nicht minder lag ihr daran, sich endlich Klaras zu
entledigen. Teut war eine ueberaus glaenzende Partie. Beide passten im
Alter zusammen, und aus dieser Verbindung konnten sich ebensoviele
Annehmlichkeiten entwickeln, wie jetzt Misshelligkeiten an der
Tagesordnung waren. Im uebrigen wuerde Frau Olga auch ihrer Tochter
gleichen Namens oder der huebschen Eva nichts in den Weg gestellt haben,
obgleich der Rittmeister fast deren Vater haette sein koennen.
Ink und Teut hatten sich neuerdings bei einem Pferdehandel beruehrt.
Daraus entwickelte sich eine mehrfache Begegnung, die mit sich fuehrte,
dass Herr von Ink den Rittmeister eines
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