rzagend ueber sie, aber
ebenso sehr schrak sie davor zurueck, sich anderswo in der Welt
niederzulassen. Alles hatte Reiz und Farbe fuer sie verloren.
Als zuletzt ihre Gedanken sich wieder dem Naechstliegenden zuwandten, dem
Tag und seinen Beduerfnissen, und auch Tankred vor ihren geistigen Augen
erschien, schuettelte sie sich in Grauen, und all ihr Denken und Sinnen
richtete sich darauf, in welcher Weise sie ihn wuerde entfernen koennen.
In den legten Tagen waehrend der schweren, schon hoffnungslosen
Krankheit ihrer Mutter hatte er luegnerischer Weise erklaert, eine Reise
unternehmen zu muessen, da sich ihm unerwartet Ansichten auf eine
Stellung eroeffnet haetten.
Vor seinem Fortgang hatte er in seiner schmeichlerischen Weise die
Kranke getroestet: wenn er wiederkomme, werde sie schon ganz die alte
sein, sie sehe bereits wohler aus, viele Jahre seien ihr noch beschert.
Er bedaure, grade jetzt Falsterhof verlassen zu muessen, ihr nicht
Gesellschaft leisten zu koennen, aber er halte es fuer seine Pflicht, eine
gute Gelegenheit zur Erlangung einer Stelle nicht voruebergehen zu
lassen. Unter einer Pflege, wie Theonie sie ihr biete, sei die Kranke
besser aufgehoben als unter irgend einer andern; das beruhige ihn.
Und dann hatte er Theonie voll Zaertlichkeit umarmt, sie mit seinem
demuetigen Blick gestreift und war abgefahren.
Waehrend sich die alte Dame in Lobspruechen ueber ihn erging, dachte
Theonie ihr Teil. Sie durchschaute ihren Vetter; ihr Misstrauen, ihre
Abneigung verschaerften ihre natuerliche Menschenkenntnis. Sie war
ueberzeugt, dass er nur ging, weil es ihn langweilte, bei der Krankheit
und dem Ende der alten Frau zugegen zu sein und Ruecksichten zu ueben,
durch deren Vernachlaessigung er sich in ein schlechtes Licht stellen
wuerde. Er werde, sie war dessen sicher, erst wiederkehren, wenn alles
vorueber waere, wenn ihm keine Lasten mehr aufgebuerdet werden koennten. Er
wusste auch, dass sie, Theonie, ihn nicht herbeirufen werde.
Tankred kannte nur sich; um seiner Behaglichkeit keinen Abbruch zu
thun, scheute er weder Luege noch Verstellung. Alles, was ihn irgendwie
genieren konnte, suchte er moeglichst aus dem Wege zu raeumen. Und in der
That war er erst wieder in Falsterhof eingetroffen, nachdem die Leiche
bereits aus dem Hause geschafft und in der Kirchhofkapelle des eine
Stunde entfernten Gutsdorfes Breckendorf niedergesetzt war.
Nun heuchelte er Ueberraschung, Trauer und Leid, so spaet--zu spaet
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