ed, indem er eine kleine
Rokoko-Nippesfigur, die auf dem Schreibtisch stand, ergriff und sie in
seiner Hand drehte, "ihre Zofe wegen eines geringen Versehens in
unerhoerter Weise und verdoppelte noch die Zuechtigung, als diese ihr
nachwies, dass nicht sie, sondern die Dame selbst an der ihr
vorgeworfenen Unterlassung schuld sei."
"Ja, eines Fehlers geziehen zu werden, gefaellt niemandem," entgegnete
Grete, Partei nehmend. "Jedenfalls war die Zofe wenig klug, gerade in
dem Augenblick in solcher Weise den Vorwurf von sich abzuwaelzen."
"Sie legen durch Ihre Bemerkung eine sehr nuechterne Auffassung der Dinge
an den Tag, gnaediges Fraeulein. Das ist beneidenswert--"
"Finden Sie es beneidenswert, wenn das Gemuet bei einem nicht
mitspricht?" Diesmal klang etwas Weicheres durch den Ton ihrer Stimme.
"Allerdings. Man will lieber Herr als Sklave sein, und ersteres ist man
nur, wenn man den Verstand als Kommandeur vor seine Truppe stellt.
Ah--tausendmal um Verzeihung--" unterbrach sich Tankred, dem bei den
letzten Worten die Nippesfigur aus den Haenden fiel, und der beim
Herabbeugen zu seinem Schrecken gewahrte, dass ihr ein Arm abgeschlagen
war.
Er dachte, dass Grete die Sache leicht nehmen und ihn beruhigen werde,
aber statt dessen zeigte sie einen deutlichen Verdruss und sagte: "Die
Figuren stammen noch von den Eltern meines Grossvaters, sie sind sehr
wertvoll, fast unersetzlich, da man heutzutage solche Uebergangsfarben
nicht mehr zu komponieren weiss."
Als hierauf Tankred abermals Worte des Bedauerns sprach, schloss sie,
kaum hinhoerend, die Kunstfigur in ein Schraenkchen ein und sagte: "Sie
gehoeren zu den Menschen, die alles anfassen muessen. Man sagt, solchen
hafte ein Diebssinn an." Die letzten Worte begleitete sie zwar mit einer
laechelnden Miene, sie sprach sie, als ob sie nur einen Scherz habe
machen wollen, aber Tankred erschrak doch heftig, und fuer Sekunden war
ihm Grete fast unheimlich.
"Ich werde mich zu bessern suchen," stiess er mit einschmeichelnder
Artigkeit heraus. "Und Sie haben mir vergeben, gnaediges Fraeulein? Nicht
wahr, ich darf ein wenig Hoffnung hegen?"
Gleichzeitig sah er sie mit seinen bezwingenden Augen an, fluesterte die
letzten Worte in doppelsinniger Betonung und presste einen den Eindruck
derselben verstaerkenden, weichen Kuss auf ihre Hand.
Und Grete wehrte ihm nicht, sie gab seinen Blick zurueck, aber in ihren
Augen erschien nicht der Strahl reiner, aus der Seele quellend
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