ine Thraenen
achten sollen?
"Dein Mutter ist ein Engel!" brachte sie endlich, so halb unterdrueckt,
heraus. "Wie soll ich sie fuer alles danken?"
"Ja, meine Mama ist sehr gut!" bestaetigte Ilse, und zum erstenmal stieg
ein warmes, zaertliches Gefuehl fuer dieselbe in ihrem Herzen auf.
Fuer sentimentale Stimmungen waren Ilse und Nellie indes nicht angethan,
und als erstere ein Stueck Marzipan der Freundin in den Mund steckte, war
die Ruehrung zu Ende. Thraenenden Auges verzehrte es Nellie, und dieser
Anblick kam Ilse so possierlich vor, dass sie lachen musste, - natuerlich
stimmte Nellie ein.
"Seid ihr fertig, Kinder? Habt ihr alle eure Kisten ausgepackt!" rief
Fraeulein Raimar und unterbrach das Gewirr von Stimmen, das laut und
lebhaft durcheinander klang.
"Ja, ja!" rief es zurueck und nun beeiferte sich eine jede, die heimatliche
Bescherung vorzuzeigen, und die Vorsteherin blickte in lauter freudig
erregte und zufriedene Gesichter. Nur Flora sah etwas enttaeuscht aus. Sie
hatte anstatt "Jean Pauls Werke", die sie sich so gluehend gewuenscht,
"Schlossers Weltgeschichte" erhalten mit dem Versprechen vom Papa, dass,
wenn sie erst reifer fuer solche Lektuere sei, sie dieses Werk erhalten
werde.
Reifer! Es klang ihr wie bittrer Hohn. Sie fuehlte sich mit ihren sechzehn
Jahren schon so ueberreif, dass sie selbst poetische Werke in das Leben rief
- und sie - sie sollte nicht "Jean Paul" lesen!
Nachdem die Geschenke der Eltern auf eine leer gelassene Tafel aufgebaut
waren, und nachdem die Maedchen auch diejenigen der Lehrerinnen in Empfang
genommen hatten, kamen endlich die versiegelten und verpackten
Ueberraschungen an die Reihe.
Da kamen denn allerhand drollige Dinge zum Vorschein und der Jubel und das
Lachen wollten kein Ende nehmen.
Flora hatte soeben einen langen, blauen Strumpf aus zahllosen Papieren
herausgewickelt und hielt ihn hoch in der Hand. Etwas verwundert drehte
sie diese wunderbare Gabe nach allen Seiten, die ironische Anspielung fiel
ihr nicht sogleich ein.
"Ein Strumpf?" fragte sie, "was soll ich damit?"
"Er ist dein Wappen, lieber Blaustrumpf," belehrte sie Orla. "Die Idee ist
wirklich famos!"
"Er ist von dir!" beschuldigte sie Flora.
"Leider nein," entgegnete Orla.
Annemie lachte so laut und herzhaft, dass sie sich als die Geberin verriet.
"Bist du mir boese, Flora?" fragte sie gutmuetig.
[Illustration]
Sonderbare Frage! Ganz im Gegenteil, Flora fuehlte sich hoechst
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