in eine
verschlossene Welt.
Es musste ihr erst die Moeglichkeit sich oeffnen, den Klostermauern zu
entrinnen, und das pflichtmaessige Recht, es zu duerfen; dann aber erwachte
auch ihre ganze Thatkraft und mit aller Macht des Willens und Verstandes
setzte sie auch durch, was erreichbar und recht war.
3. Kapitel
Die Flucht aus dem Kloster
Kaum ein Jahr hatte Schwester Katharina das Nonnengeluebde abgelegt, da
schlug der Augustinermoench Martin Luther in Wittenberg die 95 Saetze
wider den Ablass an. Nach einem Jahr stellte er sich dem Gesandten des
Papstes in Augsburg zur Verantwortung. Wieder ein Jahr spaeter war die
grosse Redeschlacht mit Eck zu Leipzig. Am Ende des folgenden Jahres
verbrannte Luther die Bannbulle und im Fruehjahr 1521 stand er vor Kaiser
und Reich in Worms.
Diese die Kirche und die ganze christliche Welt aufregenden Ereignisse
drangen auch in die Kloester und erregten auch dort die Geister; dies um
so mehr, weil der Urheber all dieser gewaltigen Kaempfe selbst ein
Klosterbruder war, und zwar ein Augustiner, der dem Orden der alten
Benediktiner (Cisterzienser und Bernhardiner) verwandt war und darum als
Vorkaempfer dieses wider die gegnerischen Genossenschaften der
ketzerrichterischen Dominikaner angesehen und schon darum mit einer
gewissen Sympathie betrachtet wurde.
Aber noch tiefer in das Leben und die Gedankenwelt der Klosterbewohner
schnitten die Schriften ein, welche der Wittenberger Moench und Doktor in
diesen grossen Jahren schrieb. Schon die Disputation von "Kraft und Wert
des Ablasses" ueber die 95 Thesen ging die Nonnen in Nimbschen besonders
an; denn auf "Kraft und Wert des Ablasses" ruhte ja ein sehr grosser Teil
ihres geistlichen Vermoegens: der Gottesdienst an jedem Festtag, ja das
Kniebeugen beim Avelaeuten brachte jedesmal vierzig Tage Ablass ein. Aber
noch naeher sollten ihre Person und ihren besonderen Beruf weitere
Schriften beruehren[67].
Es erschien 1518 Luthers "Auslegung des Vaterunsers fuer die
Einfaeltigen". Darin musste einem Klosterinsassen gar mancherlei
auffallen. Das Vaterunser, heisst's da, ist das edelste und beste
Gebet--beim Rosenkranz aber kommt das Ave Maria 5 mal so oft vor!
Ferner: "Je weniger Worte, je besser Gebet; je mehr Worte, je weniger
Gebet. Da klappert einer mit den Paternosterkoernern und manche
geistliche Personen schlappern ihre Horen ueberhin und sagen ohne Scham:
'Ei nun bin ich froh, ich habe unsern Herrn bezahlt', meinen, si
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