en genaeht - oder eine Hut -
oder ein Mantel?"
"Nein," antwortete Ilse aufrichtig, "niemals! Ich habe an den toten
Dingern mein Lebtag keine Freude gehabt. Viel lieber habe ich mit den
Hunden gespielt."
"Da ist kein Wunder, wenn du ein klein', dumm' Ding geblieben bist! Deine
Hunde brauchen kein Kleid," lachte Nellie. "Nun musst du auf dein' alt'
Tage naehen lernen, siehst du."
Ilse lachte froehlich mit und bemuehte sich, das weisse Batistschuerzchen fuer
die Puppe, an welchem sie rings herum Spitzen setzte, recht sauber und
nett fertig zu bringen. - Einen Tag vor der Bescherung erhielten die
erwachsenen Maedchen, denen es Vergnuegen machte, die Erlaubnis, die schoene,
grosse Tanne auszuputzen. Das war ein Fest und fuer Ilse ganz und gar neu.
Niemals hatte sie sich bis dahin selbst damit befasst, und sie kannte es
nicht anders, als dass am Weihnachtsabend ein mit vielem kostbaren
Zuckerwerk behangener Baum ihr hell entgegengestrahlt hatte, - hier lernte
sie kennen, dass auch ohne Zuckerwerk derselbe herrlich zu schmuecken war.
Nach dem Abendbrot, als die juengeren Maedchen und auch die Englaenderinnen,
die kein Verstaendnis fuer das harmlose Vergnuegen hatten, zu Bett gegangen
waren, begann das Werk.
Orla brachte einen grossen Korb mit Tannenzapfen, selbst gesucht auf den
Spaziergaengen im Walde, und setzte denselben auf die Tafel. Annemie
stellte zwei Schaelchen mit Gummiarabikum daneben, in das eine schuettete
sie Silber-, in das andre Goldpuder und ruehrte es mit einem Staebchen um.
"Wer will mir helfen," rief Orla.
"Ich! ich!" antwortete es von allen Seiten; nur Ilse schwieg, sie hatte
keine Ahnung, was eigentlich mit den vielen grossen und kleinen
Tannenzaepfchen geschehen solle. - Daheim verkamen dieselben unbeachtet im
Walde. - Es sollte ihr bald kein Geheimnis mehr sein.
Melanie und Rosi hatten die Pinsel ergriffen und fingen an, den
unansehnlichen braunen Dingern ein goldenes oder silbernes Gewand zu
geben. Und wie schnell das ging. Kaum hatten sie ein paarmal darueber
gepinselt, so waren sie fertig.
"Sieh nur, Rosi," rief Melanie aus und hielt einen vergoldeten Zapfen
unter die Gaslampe, "ist der nicht furchtbar reizend? Wundervoll, nicht?
Gleichmaessig, wirklich kuenstlerisch ist er vergoldet, kein dunkles
Puenktchen ist an ihm zu sehen!" Und sie betrachtete das Prachtexemplar
hoechst wohlgefaellig nach allen Seiten.
Orla und Rosi hatten fleissig weitergepinselt und stillschweigend einen
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