" mischte sich Rosi in das Gespraech, die neben Ilse sass
und an einer altdeutschen Decke arbeitete. "Deine Mama wird wenig Freude
an einem gekauften Gegenstand haben."
"Ich bin zu ungeschickt," gestand Ilse offen.
"Wir werden dir helfen und dir alles gern zeigen," versprach Rosi. Und
Fraeulein Guessow, die grade hinzutrat, benahm Ilse den letzten Zweifel.
"Du kannst ein gleiches Naehkoerbchen, wie Annemie anfertigt, arbeiten, ich
weiss bestimmt, es wird dir gelingen."
Und es gelang wirklich, ja weit besser, als Ilse sich selbst zugetraut.
Sie hatte eine kindliche Freude, als das Koerbchen so wohlgelungen in acht
Tagen fix und fertig vor ihr stand.
"Es sind noch vierzehn Tage bis Weihnachten," sagte sie zu Rosi, "und ich
moechte noch etwas arbeiten, fuer Fraeulein Guessow und Fraeulein Raimar."
"Und fuer meine Lori, bitt' schoen, meine gute Ilse!" bettelte Lilli, die
gewoehnlich an den Mittwochnachmittagen im Arbeitssaale zugegen war und
dann ihren Platz dicht bei Ilse waehlte, die sie, wie sie sich ausdrueckte,
zum aufessen liebte. "Mein' Lori muss halt a neues Kleiderl haben," fuhr
sie fort und hielt ihre Puppe in die Hoehe, "bescher' ihr eins zum heil'gen
Christ. Schau, das alte da ist ja schlecht!"
Natuerlich versprach Ilse, ihr diesen Herzenswunsch zu erfuellen, und zur
Besiegelung drueckte sie dem kleinen Liebling einen Kuss auf die roten
Lippen.
"Ich habe eine famose Idee!" (famos war seit kurzer Zeit Modewort im
Institute) rief Ilse am Abend desselben Tages aus, als sie mit Nellie
allein war. "Ich kaufe fuer Lilli eine neue Puppe und kleide sie selbst an.
Was meinst du dazu?"
"O, das ist wirklich ein famos Gedanke," entgegnete Nellie, "aber lieb
Kind, hast du auch an der viele Geld gedacht, die so ein' Puppe mit ihrer
Siebensachen kostet? Wie steht's mit dein' Kasse?"
"O, das hat keine Not, ich habe sehr viel Geld!" versicherte Ilse sehr
bestimmt. Und sie nahm ihr Portemonnaie aus der Kommode und zaehlte ihre
Schaetze.
"Zwoelf Mark," sagte sie, "das ist mehr, als ich brauche, nicht?"
"Sie sind ein sehr schlecht' Rechenmeister, mein Fraeulein," riss Nellie sie
unbarmherzig aus ihrer Illusion, "ich mein', Sie reichen lang' nicht aus."
Ilse sah die Freundin zweifelnd an. "Du scherzest," meinte sie, "zwoelf
Mark ist doch furchtbar viel Geld?"
"Reicht lang nicht!" wiederholte Nellie unerbittlich, "hoer zu, ich will
dir vorrechnen:
1) Ein Naehtischdecken fuer Fraeulein Raimar mach
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