te den Kopf. "Die Madel sind schon so gross," antwortete
sie im sueddeutschen Dialekt und ohne Befangenheit, "die koennen doch nit
meine Freundinnen sein!"
Nellie fand gleich einen Ausweg, sie kniete sich zu dem Kinde nieder und
sagte: "Jetzt bin ich ein klein Madel wie du und du kannst mit mich
spielen."
Lilli lachte. "Nein, du bist gross," sagte sie, "aber du gefallst mir. Und
du auch," wandte sie sich zu Ilse, die neben Nellie stand. "Du hast halt
so schoene Lockerl wie ich. Weisst, du sollst meine Freundin sein, mit dir
will ich spielen."
Sie ergriff Ilses Hand und sah dieselbe mit ihren grossen Augen treuherzig
an. Das junge Maedchen war ganz entzueckt von der Zutraulichkeit der Kleinen
und kuesste und liebkoste sie.
Natuerlich waren saemtliche Pensionaerinnen ganz hingerissen von dem Kinde,
das wie eine zarte Elfe in ihrer Mitte stand. Lange blonde Locken fielen
ihm ueber die Schulter herab und die schwarzen Augen mit den
feingeschnittenen, dunklen Augenbrauen darueber bildeten einen wunderbaren
Kontrast zu denselben. Das gestickte, sehr kurze weisse Kleidchen liess Hals
und Arme frei. Eine hochrote, seidene Schaerpe vervollstaendigte den hoechst
eleganten Anzug.
"O du suesses, entzueckendes Geschoepfchen!" "Du Engelsbild! Kleine Fee!" und
mit aehnlichen ueberschwenglichen Ausdruecken ueberschuetteten die
Pensionaerinnen das Kind. Fraeulein Raimar war unbemerkt eingetreten und
hoerte diese Ausrufe kopfschuettelnd an.
Sie trat in den Kreis und nahm Lilli bei der Hand. "Komm," sagte sie zu
ihr, "du sollst erst umgekleidet werden. Du moechtest dich erkaelten in dem
leichten Anzuge."
"Bitt' schoen, lass mich hier, Fraeulein," bat das Kind. "Ich hab' gar nit
kalt. Schau, ich geh' halt immer so. Die Madel sind so gut, es gefallt mir
hier!"
Fraeulein Raimar liess sich nicht erbitten. "Komm nur, Kind," sagte sie
guetig, "du wirst die Maedchen alle wiedersehen zum Abendessen."
Die abgeschlagene Bitte verstimmte Lilli nicht. "Lass Ilse mit mir gehen,
Fraeulein," bat sie.
Dieser Wunsch wurde ihr erfuellt. Als Ilse mit dem Kinde das Zimmer
verlassen hatte, wandte sich die Vorsteherin mit ernsten, ermahnenden
Worten an ihre Zoeglinge.
"Ich bitte euch, in Zukunft Lilli nicht wieder so grosse Schmeicheleien in
das Gesicht zu sagen. Wollt ihr sie eitel und oberflaechlich machen? Sie
ist ein sehr schoenes Kind und wird bereits manche Aeusserung hierueber
gehoert haben, es giebt ja unvernuenftige Leute genu
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