n Ton ein; der Gedanke, die
Vorsteherin hintergangen zu haben, drueckte sie schwer. Schweigend
entkleidete sie sich und verschloss ihre Sachen sorgfaeltig in den Koffer.
Dann legte sie sich nieder.
Der Schlaf aber wollte nicht kommen. Nellies regelmaessige Atemzuege
verrieten laengst, dass dieselbe sanft und suess eingeschlummert war, als sie
noch immer wachend im Bette lag. Der Gedanke, wie nahe sie daran gewesen
war, entdeckt zu werden, schreckte sie immer von neuem auf. Sobald sie im
Begriffe war, einzuschlafen, fuhr sie angstvoll in die Hoehe. Endlich
schlief sie ein, aber selbst im Traum quaelten sie die schrecklichsten
Bilder. Bald wurde sie verfolgt, bald fiel sie vom Baume und zuletzt hatte
sie sich in einen Vogel verwandelt und eine grosse Eule wollte sie
fressen. -
Frueh am andern Morgen, als Fraeulein Raimar ihren Spaziergang durch den
Garten machte, blieb sie vor dem Apfelbaume stehen. Sie schuettelte den
Kopf und rief den Gaertner.
"Es muessen Diebe in diesem Baume gewesen sein, Lange," sagte sie, "sehen
Sie nur das viele Laub und sogar einige abgebrochene Zweige darunter. Da
liegen auch mehrere Aepfel, die sie verloren haben moegen. Machen Sie doch,
solange das Obst noch nicht abgenommen ist, oefters des Nachts eine Runde
durch den Garten."
"Es ist mir ein Raetsel, wie sie hereingekommen sind," bemerkte der Gaertner
kopfschuettelnd, "die Gartenpforte war fest verschlossen. Sie muessen
geradezu ueber die Mauer geklettert sein."
"Wohl moeglich," stimmte Fraeulein Raimar ihm bei, und im Weitergehen dachte
sie, dass Melanie doch im Rechte gewesen sei. Freilich ein Gespenst hatte
sie nicht gesehen, wohl aber einen Spitzbuben.
Oben, am offnen Fenster, standen die beiden Maedchen und hatten jedes Wort
vernommen. Ilse war es heiss und kalt dabei geworden und sie hatte sich wie
eine arme Suenderin ertappt und beschaemt gefuehlt. Nellie dagegen lachte so
recht vergnuegt in sich hinein und nahm alles wie einen koestlichen Scherz
hin.
"Das ist eine spassige Sach'," sagte sie uebermuetig, "ich kann mir
totlachen! Wenn sie wuesste, dass die boese Spitzbuben mit sie unter eine Dach
wohnen. - Wie wuerde sie sich staunen!"
Ilse hielt ihr den Mund zu. "Du darfst nicht darueber lachen, Nellie,"
gebot sie entschieden, "ich schaeme mich so sehr! Spitzbuben hat uns
Fraeulein Raimar genannt, und das sind wir auch. Ich hatte gar nicht daran
gedacht, und das war recht dumm von mir."
"Wer wird so strenge richten
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