hen Lande aber waren seit
dem Erbvertrag von 1485 zwischen den Ernestinern und Albertinern geteilt
in ein Kurfuerstentum und ein Herzogtum. Wunderlich genug war diese
Teilung, aber ganz nach damaligen Verhaeltnissen: zum Albertinischen
Herzogtum, auch "Meissen" genannt, gehoerte der groesste Teil vom heutigen
Koenigreich mit den Staedten Meissen, Dresden, Chemnitz; ferner ein
schmaler Streifen von Leipzig bis nach Langensalza. Dazwischen dehnte
sich das Kurfuerstentum mit den Hauptstaedten Wittenberg, Torgau, Weimar,
Gotha, Eisenach westwaerts, und Zwickau und Koburg nach Sueden. Die
Kursachsen sahen mit einigem Stolz auf ihre Nachbarn herab, welche bloss
herzoglich waren, gebrauchten auch wohl den alten Spottreim: "Die
Meissner sind Gleisner". Wenn's auch nicht wahr war, es reimte sich doch
gut[2].
Aus dem Herzogtum Meissen stammte nun Katharina von Bora, Luthers
Hausfrau[3], waehrend er selbft ein geborener Mansfelder, dann ein Buerger
der kursaechsischen Residenz Wittenberg und Beamter des Kurfuersten war.
Er beklagte sich wohl bei seiner Frau ueber ihren Landesherrn, Herzog
Georg den Baertigen, welcher, ein heftiger Gegner der Reformation, mit
Luther in steter Fehde lag, gehaessige Schriften gegen ihn losliess und
die Lutheraner im Lande "Meissen" verfolgte. Daneben neckte Luther seine
Kaethe auch, als sie in Leipzig bei seinen Lebzeiten die Maere von seinem
Tode verbreiteten: "Solches erdichten die Naseweisen, deine
Landsleute"[4].
Im Meissenschen nun hinter der Freiberger Mulde, eine Stunde ostwaerts von
dem "Schloss und Staedtchen" Nossen lagen die beiden Ortschaften Wendisch-
und Deutschenbora[5], eine Viertelstunde von einander zwischen
Tannengehoelzen, denn Tanne heisst auf slavisch "Bor"[6]. Hier hatte das
Geschlecht der Bora seinen Stammsitz. Von dort verpflanzte es sich in
verschiedenen Zweigen an viele Orte des Sachsenlandes; so auch in die
Naehe von Bitterfeld und Borna, je fuenf Stunden noerdlich und suedlich von
Leipzig. Sie fuehrten alle im Wappen einen steigenden roten Loewen mit
erhobener rechter Pranke in goldenem Feld und den Pfauenschweif als
Helmzier[7].
Aus welchem dieser neun oder zehn Zweige aber Frau Katharina, des
Reformators Ehegattin, stammte, ist nicht mehr gewiss auszumachen. Mehr
als sieben Orte, wie bei dem Vater der griechischen Dichtung, Homer,
streiten sich um die Ehre, ihre Geburtsstaette zu sein: das ist fast
jeder Ort, wo frueher oder spaeter Bora gewohnt und gewaltet haben
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