der Julia
lieblicher dargestellt sehen als von der juengeren Mme. Siddons.
Ein Meister anderer Art war Cooke. Die Natur versagte ihm eine schoene
Gestalt; dafuer gab sie ihm eine desto ausdrucksvollere Physiognomie,
besonders fuer die Rollen, die er sich erwaehlt hatte, Tyrannen,
Boesewichte; kalte, kuehne, trotzige Charaktere spielte er unuebertrefflich.
Sein Triumph aber war Richard der Dritte. Nie war diese Rolle vor ihm so
dargestellt worden, nie wird sie nach ihm es werden; er machte darin
Epoche. Seine Feinde behaupteten sogar, er spiele sie immer, in allen
seinen anderen Rollen blicke immer Richard der Dritte hervor. Gestalt,
Ton, Blick, Gang, alles war in dieser Rolle Wahrheit an ihm. Wo er
unverhuellt boshaft erschien, schauderte man vor seiner kalten
Besonnenheit, wo er heuchelte, bestach er selbst die Zuschauer Wenn er
mit kaltem Hohne alles, selbst seine eigene Haesslichkeit bespoettelte,
wenn er in wilder Verzweiflung "Ein Pferd! ein Pferd! Mein Koenigreich
fuer'n Pferd!" rief, wenn er mit heuchlerischer Demut das Herz der Lady
Anna am Sarge ihres Gemahls eroberte--immer war er sich gleich, immer
gross und wahr.
In Hinsicht der sonst hier gewoehnlichen Pracht vernachlaessigt man
oft die Shakespearschen Meisterwerke, die schon ihres inneren Werts
wegen immer ein gefuelltes Haus bringen, und verwendet den Flitter
lieber an neueren Darstellungen, die durch nichts anderes glaenzen
koennen. Dennoch muss man jene Stuecke gerade auf diesem Theater sehen,
um der grossen Schauspieler willen, welche in den Hauptrollen
wahrhaft glaenzen.
Die Nebenrollen fallen freilich umso unangenehmer auf. Das langsame,
einem Gebelle aehnliche Perorieren der mittelmaessigen Schauspieler
wird erst laecherlich, dann unertraeglich. Freilich mag es sehr
schwer sein, so laut zu sprechen und doch noch Modulation
in der Stimme zu behalten.
Leider spielt man fast alle Shakespearschen Stuecke, die noch
gegeben werden, nach den Umarbeitungen Garricks der wie viele
seinesgleichen in dem Wahne stand, ein grosser Schauspieler
muesse auch ein guter Dichter sein, und deshalb sich mit dem
grossen Meister ganz unerlaubte Freiheiten herausnahm [Fussnote:
David Garrick (1717-79), beruehmter englischer Schauspieler,
Stueckeschreiber und Theaterdirektor. Verkoerperte eine neue
Schauspielkunst, die auf Schlichtheit und Natuerlichkeit Wert legte.].
In "Romeo und Julia" zum Beispiel erwacht Julia, wie Romeo
noch sterbend ist; dies verursacht ein
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