elchem der entsetzliche Richard der Dritte die beiden jungen
Soehne seines Bruders ersticken liess, als sie eben sanft und ruhig
im festen Schlummer der Kindheit dalagen und von keiner Gefahr traeumten.
Uns geluestete nicht, das Mordzimmer zu betreten.
Eine alte Sage gibt Julius Caesar fuer den ersten Erbauer dieser Veste
an; die Geschichte aber sagt uns, dass Wilhelm der Eroberer
in der Mitte des elften Jahrhunderts den Grund dazu legte, um seine
vielgeliebten Londoner im gehoerigen Respekt zu erhalten. Man sieht
es dem sehr weitlaeufigen Ganzen an, dass kein fester Plan bei dessen
Gruendung vorwaltete, sondern waehrend der Regierung mehrerer Koenige
bald hier, bald da daran gebaut und zugesetzt ward.
Jetzt gleicht der Tower fast einer kleinen Stadt; er umschliesst
in seinem Bezirke mehrere Strassen, eine Kirche, Magazine, Kasernen
fuer die Garnison, Haeuser fuer die Offiziere, Zeughaeuser, die Muenze,
nebst Wohnungen fuer die dabei beschaeftigten Offizianten und sonst
noch mancherlei Gebaeude. Ein breiter Wassergraben laeuft ringsumher,
und zwischen diesem Graben und der Themse befindet sich eine Art
Terrasse, auf welcher sechzig Kanonen stehen, die bei feierlichen
Gelegenheiten abgefeuert werden. Der Tower wird, wie es bei Festungen
Gebrauch ist, mit Sonnenuntergange geschlossen. Die Yeomen oder
Ochsenfresser haben die Wache darin und dienen zugleich den besuchenden
Fremden als Ciceronen. Hier sind sie ganz augenscheinlich am rechten
Platze; ihre Kleidung und ihr ganzes Ansehen traegt gleich am Eintritte
dazu bei, uns in fruehe dunkle Jahrhunderte zu versetzen.
Die Muenze mit den dazugehoerigen Gebaeuden nimmt ein gutes Drittel
des Towers ein. Sie wird nicht gezeigt. Uns blieb der weisse Turm,
die Schatzkammer und die Loewen zu sehen. Letzteren machten wir
zuerst unseren Besuch.
Nicht nur Loewen werden hier in einer besonderen Abteilung
in starken Kaefigen bewahrt, auch Panther, Leoparden, Tiger und
mehrere Arten wilder Bewohner der Wuesten, grimmige stattliche Bestien,
denen man es ansieht, dass sie gut gehalten werden. Nach englischer
Sitte hat jede derselben ausser dem Schlafkabinette noch ein Wohnzimmer
in ihrem Kaefig, wo sie Besuch annimmt. Alle prangen mit christlichen
Namen, besonders die Loewinnen; da findet man eine Miss Howe, Miss Jenny,
Miss Charlotte, Miss Nanny, als waere man auf einer englischen Assemblee.
Viele dieser Tiere wurden hier im Tower geboren und erzogen, und es
ist merkwuerdig, dass
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