dir, du hast nur zehn Minuten Zeit! Schnell, schnell, ich
will dich helfen! Wo sind dein Kamm?"
Ilse zeigte auf ein Papier, das im Fenster lag. "Dort liegen sie
eingewickelt," gab sie zur Antwort.
"Das ist nicht nett, das gefaellt mir nicht," meinte Nellie und ruempfte das
Naeschen. "Du musst dich ein Taschen naehen, von grauer Stoff und rote Band,
sieh, wie dies da," und sie zeigte ihre Kammtasche, "siehst du, so ist's
fein."
Ilse machte nicht viel Umstaende mit ihrem Haar. Sie kaemmte und buerstete
es, damit war alles abgemacht, die natuerlichen Locken ringelten sich von
selbst ohne weitere Bemuehung. Ein hellblaues Band schlang ihr Nellie durch
dieselben und band es mit einer Schleife seitwaerts zu.
"Nun noch die Schuerze," sagte sie, als Ilse soweit fertig war, "sie darf
nicht fehlen." Sie lachte, als Ilse sich dagegen straeubte.
"Du bist ein klein, albern Ding," schalt sie und band ihr die Schuerze vor,
trotz Ilses heftigem Widerstande. "Gleich haeltst du still! Ohn' ein
Schuerzen giebt es kein Kaffee."
Die lustige Nellie setzte es wirklich durch, dass Ilse sich ihrem Willen
fuegte.
"So," sagte sie, "nun bist du schoen! Die blau gestickter Schuerze ist sehr
nett und du bekommst einer suesser Kuss."
An langen Tafeln sassen die Maedchen bereits, Nellie und Ilse waren die
letzten. Fraeulein Raimar war des Morgens niemals zugegen, nur Fraeulein
Guessow fuehrte die Aufsicht. Ilse musste sich zu ihr setzen. Als ihr der
Kaffee gereicht wurde, nahm sie die Tasse ganz manierlich beim Henkel in
die Hand, ass auch wie es sich gehoert nicht mit grossen Bissen, wie am Abend
zuvor; aber sie hatte eine andre Unart, die ebenfalls zu tadeln war, sie
schluerfte den Kaffee so laut, dass sie allgemeine Heiterkeit erregte.
Ilse hatte keine Ahnung, dass ihr das Gelaechter galt, Orla machte sie damit
bekannt.
"Du fuehrst ja ein wahres Konzert auf," sagte sie. "Machst du das immer so?
Schoen hoert sich diese Tafelmusik nicht an, das kann ich dich versichern."
Ilse fuehlte sich schwer beleidigt ueber diese Zurechtweisung. Hastig setzte
sie die Tasse nieder, erhob sich und eilte hinaus.
"Du durftest sie nicht vor all' den uebrigen so beschaemen, Orla," tadelte
Fraeulein Guessow, indem sie ebenfalls aufstand, um Ilse zu folgen, "das
kraenkt sehr."
Ilse war gerade im Begriff in den Garten zu gehen, als die junge Lehrerin
sie zurueckrief.
"Wo willst du hin, Ilse?" fragte sie. "Was faellt dir ein, mein Kind, dass
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