ing. Sie empfand Unwillen und Aerger ueber den Aufdringlichen und doch -
gefiel er ihr." -
"War er ein schoen Mann?" fragte Nellie.
"Ja, er war schoen und klug und gut. Von den letzteren Eigenschaften konnte
Lucie sich bald ueberzeugen, denn der Maler machte unter irgend einem
Vorwande einen Besuch in der Grossmutter Hause.
"Wie bald er der Liebling derselben, wie er nach und nach taeglicher Gast
bei ihr wurde und wie er endlich der trotzigen Lucie Herz gewann, das kann
ich euch nicht erzaehlen, nur so viel, dass sie eines Tages seine Braut war.
"Es war ihm nicht leicht geworden, ihr Jawort zu erringen, denn wenn er
heute glaubte, dass sie ihn gern moege, war er morgen vom Gegenteil
ueberzeugt. Wenn er im Begriffe war, sie zu fragen: hast du mich lieb?
reizte sie ihn gerade durch Trotz und Widerstand, und das Wort erstarb ihm
auf den Lippen.
"Endlich trug er den Sieg davon. An ihrem achtzehnten Geburtstage war es,
als sie mit ihm vor die Grossmama trat und jubelnd ausrief:
"{~SINGLE RIGHT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~}Ich bin Braut!{~SINGLE LEFT-POINTING ANGLE QUOTATION MARK~}
"Nun, glaubt ihr, Lucie ist eine andre geworden? Das Glueck und die Liebe
haben sie nachsichtiger gestimmt, nicht wahr, ihr glaubt, das koenne nicht
anders sein? - Wie seid ihr im Irrtum! Das Gegenteil war der Fall. Ihr
Widerstand trat gegen den Mann, den sie von ganzem Herzen liebte, oftmals
heftiger hervor, als je vorher.
"Welche Muehe gab er sich, sie von diesem Fehler zu heilen, wie
eindringlich und liebevoll stellte er ihr die Folgen desselben vor; sie
hoerte ihn an und versprach sich zu bessern, - aber ihr Wort hielt sie
nicht, - - leider! - Haette sie es gethan, wie viel Kummer und Herzeleid
haette sie sich erspart!"
Einen Augenblick hielt die junge Lehrerin inne, ein scharfer Beobachter
haette ihr ansehen koennen, wie schwer es ihr wurde, die Geschichte weiter
zu erzaehlen, - die jungen Maedchen indessen merkten nichts davon. Sie
glaubten, die Heftigkeit des Gewitters habe die Pause hervorgerufen.
"O bitte, fahren Sie fort," bat Nellie, deren Augen vor Entzuecken
glaenzten; niemals bis jetzt hatte das Fraeulein aehnliches erzaehlt, "bitte,
weiter! O, ich bin zu gierig, weiter zu wissen!"
Ilse sass still und sinnend da. Was sie da hoerte, beruehrte eine verwandte
Saite in ihr, oftmals hatte sie das Gefuehl, als ob das junge Maedchen nicht
Lucie, sondern Ilse geheissen habe. -
"Lucies Brautzeit neigte sich zu Ende,"
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