icht war Ilse nicht zu beruhigen. "Nein!" rief sie und sprang
auf, "der kleine Koffer bleibt verschlossen! Ich reise wieder fort!"
Hastig zog sie sich aus, warf ihre Kleidungsstuecke drunter und drueber und
legte sich schluchzend in ihr Bett. Schweigend ordnete Nellie die
zerstreuten Sachen, sie hing das schoene Kleid an einen Nagel, Ilse hatte
dasselbe auf einen Stuhl geworfen, und legte alles uebrige glatt und
ordentlich zusammen. Dann ging auch sie zur Ruhe.
Bevor sie indes ihr Lager bestieg, kniete sie vor demselben nieder,
faltete die Haende und betete leise ein kurzes Gebet.
"Gut' Nacht, Ilse," sagte sie dann und gab ihr einen Kuss. "Du musst nun
nicht mehr weinen, - alle Anfang ist schwer."
Aber Ilse weinte noch lange. Ihre Gedanken kehrten zum Vater zurueck und
begleiteten ihn auf seiner Rueckreise. In wenigen Stunden musste er die
Heimat erreicht haben. Ach, wenn er wuesste, wie sein einziges Kind
behandelt wurde! Sie fuehlte sich zu ungluecklich in der Gefangenschaft! -
Wie ein Kind weinte sie sich in den Schlaf, aber boese Traeume schreckten
sie mehrmals auf. Bald hielt sie eine maechtige Theetasse in der Hand und
liess sie zur Erde fallen, bald hielt ihr die Vorsteherin im grauen Kleide
ein heimatliches Butterbrot dicht vor den Mund, wollte sie aber zubeissen,
war es verschwunden.
* * *
Um sechs Uhr am andern Morgen hiess es: Aufgestanden! Da galt kein langes
Besinnen, und wenn die jungen Glieder noch so sehr vom Schlafe befangen
waren, es wurde keine Gnade geuebt. Ilse pflegte daheim bald frueh, bald
spaet aufzustehen, wie sie gerade Lust hatte. Einer bestimmten Ordnung, wie
sie die Mama so sehr gewuenscht, hatte sie sich nicht fuegen wollen. Es
wurde ihr denn auch nicht wenig schwer, so auf Kommandowort sich erheben
zu muessen, gerade heute hatte sie den Wunsch, noch einigemal sich im Bette
herumzudrehen, sie war so spaet erst eingeschlafen. Aber daran war nicht zu
denken, Nellie stand schon da und wusch sich. Mit einem Sprunge war sie
Schlag sechs Uhr aus dem Bette gewesen.
"Wach auf, Ilse," sagte sie, "um halb sieben trinken wir Kaffee."
"Schon aufstehen," antwortete die Verschlafene, "aber ich bin noch so
muede."
"Thut nix, du darfst nicht mehr schlafrig sein."
Aber Ilse zoegerte noch. Nellie stand schon fertig da, ja hatte schon
alles, was sie zur Nacht- und Morgentoilette noetig hatte, beiseite
geraeumt, als sie sich langsam erhob.
"O Ilse, eile
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