, Mama?" fragte sie und sah Frau Macket trotzig
an.
"Nichts weiter, mein Kind, als dass du sogleich auf dein Zimmer gehst und
dich umkleidest. Du wusstest wohl nicht, dass Gaeste bei uns waren?"
"Doch, ich wusste es, aber ich mache mir nichts daraus," gab Ilse kurz zur
Antwort.
"Aber ich, Ilse. Ich kann nicht gleichgueltig dabei sein, wenn du in einem
so unordentlichen Kostueme dich blicken laesst. Du bist kein Kind mehr mit
deinen fuenfzehn Jahren; bedenke, dass du seit Ostern konfirmiert bist, eine
angehende junge Dame aber muss den Anstand wahren. Was soll der junge
Schaeffer von dir denken, er wird dich auslachen und dich verspotten."
"Der dumme Mensch!" fuhr Ilse auf. "Ob der ueber mich lacht oder spottet,
ist mir ganz gleichgueltig. Ich lache auch ueber ihn! Thut, als ob er ein
Herr waere mit seinem Klemmer und geht doch noch in die Schule."
"Er ist in Prima auf dem Gymnasium und zaehlt neunzehn Jahre. Nun sei
vernuenftig und kleide dich um, Kind, hoerst du?"
"Nein, - ich ziehe kein andres Kleid an, ich will mich nicht putzen!"
"Wie du willst, aber dann bitte ich dich, ja ich wuensche es entschieden,
dass du in deinem Zimmer bleibst und dein Abendbrot dort verzehrst," gab
Frau Macket mit grosser Ruhe zur Antwort.
Ilse biss auf die Unterlippe und trat mit dem Fusse heftig auf die Erde,
aber sie sagte nichts. Mit einer schnellen Wendung ging sie zur Thuer
hinaus und warf dieselbe unsanft hinter sich zu. Oben in ihrem Zimmer liess
sie sich auf einen Stuhl fallen, stuetzte die Ellbogen auf das Fensterbrett
und weinte Thraenen des bittersten Unmutes.
"O wie schrecklich ist es jetzt!" stiess sie schluchzend heraus. "Warum hat
auch der Papa wieder eine Frau genommen, - es war so viel, viel huebscher,
als wir beide allein waren! Alle Tage muss ich lange Reden hoeren ueber Sitte
und Anstand und ich will doch keine Dame sein, ich will es nicht - und
wenn sie es zehnmal sagt!" - -
Als sie mit ihrem Vater noch allein war, fuehrte sie freilich ein
ungebundeneres und lustigeres Leben. Niemand hatte ihr Vorschriften zu
machen oder durfte ihre dummen Streiche hindern; was sie auch ausfuehrte,
es galt alles als unuebertrefflich. Das Lernen wurde nur als langweilige
Nebensache betrachtet und die Gouvernanten fuegten sich entweder dem Willen
ihrer Schuelerin oder sie gingen davon. Beklagte sich ja einmal diese oder
jene bei dem Vater und hatte derselbe auch wirklich den festen Entschluss
gefasst, ein Machtwort zu
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