sobald der Vater oder die Mutter es
mir uebergeben haben, noch einmal mit ihnen zurueckkehrt in das Hotel. Der
Abschied wird ihm weit schwerer gemacht."
"Nein, nein!" rief Ilse zitternd vor Aufregung, "ich bleibe nicht gleich
hier! Ich will mit meinem Papa so lange zusammen sein, bis er abreist. Du
nimmst mich mit dir, nicht, Papa?"
Es wurde Herrn Macket heiss und kalt bei ihrem Ungestuem, indes auch diesmal
half ihm Fraeulein Raimar ueber die peinliche Lage hinweg.
"Gewiss, mein Kind," entgegnete sie mit Ruhe, "dein Wunsch soll dir erfuellt
werden. Darf ich Sie bitten, Herr Oberamtmann, heute mittag mein Gast zu
sein? Sie wuerden mich sehr erfreuen."
Ilse warf ihrem Papa einen flehenden Blick zu, der ungefaehr ausdruecken
sollte: "Bleib' nicht hier, nimm mich mit fort! Ich mag nicht hier bleiben
bei dem boesen Fraeulein, das mich schlecht behandeln wird!" Leider verstand
er den Blick anders, er hielt ihn fuer eine stumme Bitte, die Einladung
anzunehmen und sagte zu.
Die Vorsteherin erhob sich und zog an einer Klingelschnur. Der
eintretenden Magd trug sie auf, Fraeulein Guessow zu rufen. Wenige
Augenblicke darauf trat dieselbe in das Zimmer.
Die Gerufene war die erste Lehrerin im Institute und wohnte daselbst. Weit
juenger als die Vorsteherin, war sie eine hoechst anmutige, liebenswuerdige
Erscheinung von sechsundzwanzig Jahren. Saemtliche Tagesschuelerinnen und
besonders die Pensionaerinnen schwaermten fuer sie, sie verstand es, durch
gleichmaessige Guete sich die jungen Herzen zu gewinnen.
"Wollen Sie die Guete haben, Ilse auf ihr Zimmer zu geleiten," sagte die
Vorsteherin, nachdem sie die junge Lehrerin vorgestellt hatte, "damit sie
dort ihren Hut ablegen kann."
"Gern," erwiderte die Angeredete und trat auf Ilse zu. "Komm, liebes
Kind," sagte sie freundlich und ergriff sie bei der Hand, "jetzt werde ich
dir zeigen, wo du schlaefst. O, du hast ein schoenes, grosses Zimmer; aber du
wohnst nicht allein dort. Ellinor Grey wird deine Stubengenossin sein. Sie
ist ein liebes Maedchen. Du moechtest gern gleich mit ihr bekannt werden,
nicht wahr?"
Ilse ueberhoerte die Frage. Mit scheuen, aengstlichen Augen sah sie den Vater
an und fragte: "Du gehst doch nicht fort, Papa?" Als er sie darueber
beruhigte, folgte sie Fraeulein Guessow.
"Aber den Hund musst du wohl hier lassen, du kannst ihn doch nicht mit
hinauf in dein Zimmer nehmen," sagte Fraeulein Raimar. "Du kannst ihn
draussen der Magd uebergeben, damit
|