sprechen gegen sein unbaendiges Kind, er kam nicht
dazu, es auszufuehren. Sobald er mit ernster Miene ihr gegenueber trat, fiel
Ilse ihm um den Hals, nannte ihn ihren "einzigen, kleinen Papa", trotzdem
er ein sehr grosser, kraeftiger Mann war, und kuesste ihm Mund und Wangen.
Versuchte er, ihr ernste Vorstellungen zu machen, hielt sie ihm den Mund
zu.
"Ich weiss ja alles, was du mir sagen willst, und ich will mich ganz gewiss
bessern!" mit solchen und aehnlichen Worten und Versprechungen troestete sie
den Papa - ach und wie gern liess er sich also troesten! Er konnte dem Kinde
nie ernstlich zuernen, es war sein alles.
Als Ilses Mutter starb, legte sie ihm das kleine hilflose Ding in den Arm.
Es hatte die schoenen, frohen Augen der frueh Geschiedenen geerbt, und
blickte sie ihn an, war es ihm, als ob die Gattin, die er so sehr geliebt
hatte, ihn anlaechle.
Lange Jahre war er einsam geblieben und hatte nur fuer sein Kind gelebt. Da
lernte er seine zweite Frau kennen. Ihr kluges, sanftes Wesen fesselte ihn
so, dass er sie heimfuehrte.
Frau Anne betrat das Haus ihres Mannes mit dem festen Vorsatze, seinem
Kinde die treueste, liebevollste Mutter zu sein und alles aufzubieten, um
ihr die frueh Verlorene zu ersetzen; indes jede herzliche Annaeherung von
ihrer Seite scheiterte an Ilses trotzigem Widerstande. Bald ein Jahr
waltete sie nun schon als Frau und Stiefmutter und noch immer hatte sie es
nicht vermocht, Ilses Liebe zu gewinnen. - - -
Die Gaeste blieben zum Abendessen auf Moosdorf, so hiess das grosse Gut des
Oberamtmann Macket. Als der Tisch gedeckt war und alle sich an demselben
niedergesetzt hatten, fragte Herr Macket, warum Ilse noch nicht anwesend
sei.
Frau Anne erhob sich und zog an der Klingelschnur. Der eintretenden
Dienstmagd befahl sie, das Fraeulein zu Tisch zu rufen. - - - -
Ilse sass noch in derselben Stellung am Fenster. Sie hatte sich
eingeschlossen und die Magd musste erst tuechtig pochen und rufen, bevor sie
sich bequemte, die Thuer zu oeffnen.
"Sie sollen herunterkommen, Fraeulein, die gnaedige Mama hat es befohlen,"
sagte Kathrine und betonte das "sollen" und "befohlen" so recht
auffallend.
"Ich soll!" rief Ilse und wandte den Kopf hastig herum, "aber ich will
nicht! Sag' das der gnaedigen Frau Mama!"
"Ja," sagte Kathrine, so recht befriedigt von dieser Antwort, denn auch
sie war durchaus nicht damit einverstanden gewesen, dass wieder eine Frau
in das Haus gekommen war, welche de
|