tion und verzehrte dieselbe genau in der frueheren Weise.
"Die ist gefraessig!" fluesterte die fuenfzehnjaehrige Grete ihrer um zwei
Jahre aelteren Schwester zu. "Sieh nur, wie sie wieder stopft."
Melanie musste die Hand vor den Mund halten, sonst haette sie laut
herausgelacht.
Um halb acht Uhr war das Abendessen vorbei und zugleich den Pensionaerinnen
die Erlaubnis gegeben, frei zu thun, was sie wollten, bis neun Uhr. Dann
war Schlafenszeit.
"Komm," sagte Nellie und trat auf Ilse zu, "ich werde mit dich in die
Garten spazieren. Aber du hast ja dein Serviette noch nicht schoen gelegt
und die Ring drauf gezogen! Das musst du erst machen."
"Nein," entgegnete Ilse, "das werde ich nicht! Wozu sind denn die
Dienstmaedchen da? Zu Hause hatte ich niemals noetig, solche Dinge zu thun."
"Ist egal, meine liebe Kind. Hier musst du solche Dinge thun, wir machen es
alle."
Richtig, da lagen saemtliche Servietten sauber zusammengewickelt, sie war
die einzige, die es nicht gethan hatte. Ungeduldig nahm sie die ihrige,
schlug sie fluechtig zusammen und zog den Ring darueber.
"So nicht," meinte Nellie, "das ist ungeschickt."
Und sie faltete die Serviette noch einmal schnell und geschickt mit ihren
kleinen Haenden. Die junge Englaenderin hatte bei allem, was sie that,
Grazie und Anmut, es war eine Lust, ihr zuzusehen.
"Nun schnell in der Garten!" sagte sie, nahm Ilses Arm und fuehrte sie
dorthin.
Es war ein huebscher Garten, den Ilse jetzt kennen lernte. Nicht so gross
und parkartig wie der heimatliche, aber wohl gepflegt. Schoene, hohe Baeume
standen darin, auch fehlte es nicht an lauschigen Plaetzen. Von allen
Seiten sah man auf die gruenbewaldeten Berge.
"Ist es nicht nett hier?" fragte Nellie, habt ihr bei dich auch so schoene
Berge?"
"Nein, Berge haben wir nicht," entgegnete Ilse, "aber es gefaellt mir doch
besser bei uns. Es ist alles so frei, ich kann das ganze Feld uebersehen.
Eine Mauer haben wir auch nicht um unsren Park, nur eine gruene Hecke, das
ist viel huebscher."
Nellie zeigte ihr saemtliche Lieblingsplaetze. Sie fuehrte sie zur Schaukel,
zum Turnplatz und zuletzt zu einer alten Linde, die mit ihren breiten
Zweigen und Aesten einen grossen, runden Raum beschattete.
"O, es ist suess hier! Nicht wahr?" fragte sie entzueckt und sah mit
leuchtenden Augen hinauf in das gruene Blaetterdach. "Hier machen wir unsre
Ruhe zu Mittag. Dieser alter Baum kann viel erzaehlen, wenn er sprechen
will! Er wei
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