fnis, den Wunsch meines tiefgebeugten Freundes
zu erfuellen, der aus leichtbegreiflichen Gruenden es nicht ueber sich
vermochte, der zweiten Auflage des "Trotzkopf" ein Vorwort zu geben. Er
war der Meinung, dass ich, der ich die Unvergessliche in ihrer
liebenswuerdigen menschlichen und schriftstellerischen Eigenart genau
kannte, ein charakterisierendes Einfuehrungswort der neuen Auflage finden
wuerde. Nun aber, da ich das innerliche Wesen dieser seltenen Frau in Worte
kleiden soll, fuehle ich die ganze Schwere dieser Aufgabe. Soll ich von der
Gemuetstiefe reden, mit welcher die Verewigte das Wesen der Jugend erfasste;
von dem innigen Verstaendnis, welches sie den Eigentuemlichkeiten einer
jungen Maedchenseele entgegenbrachte; von der feinen Beobachtung des
jugendlichen Gebarens; von der farbenfrischen Erzaehlerkunst, mit welcher
sie vor dem seelischen Ohr des Lesers auch die zartesten Saiten der
jugendlichen Empfindung erklingen liess?
Wer einen Ueberblick ueber die neueste Unterhaltungslitteratur fuer die
Jugend gewann, in welcher sich allerlei Unnatur und Tendenz aufdringlich
breit macht, wird die grossen Vorzuege erkennen, welche den "Trotzkopf" zu
einer echten und wahren Jugendschrift machen. Diese Erzaehlung ist
natuerlich frisch, unterhaltend und spannend, und was schwerer als dies
alles wiegt: sie ist psychologisch wahr! Mit gluecklichem Takt hat die
Verfasserin alles rein Belehrende, alles Pedantische und unnatuerlich Pruede
vermieden. Sie erzaehlt mit ungekuenstelter Natuerlichkeit, wie ein junges,
ungebaendigtes Menschenkind durch das Leben selbst erzogen wird. Deshalb
wirkt dies Buch auch im besten Sinne erziehend. Eine Erzaehlung, welche die
jugendlichen Gemueter nicht fesselt und packt, bleibt wirkungslos und wenn
tausend weise Lehren in dieselbe hineingestreut sind, denn diese sind nur
graue Theorien, waehrend das Gruen des goldenen Lebensbaumes nur aus dem
Leben selbst emporwaechst.
Und so moege dies anziehende, von der Sonne der Phantasie beglaenzte Werk,
das auf innerlichster Lebenserfahrung aufgebaut ist, seinen Weg weiter
gehen zur Freude der gern angeregten Jugend! Es ist der Segen aller guten
und edlen Naturen, dass ihre Schoepfungen auf viele Generationen hinaus
wirken. Des alten Sebastian Frank Wort mag sich auch an dieser
Jugendschrift als wahr erweisen: "Das aber ist der Buecher rechter einiger
Gebrauch, dass wir darinnen ein Zeugnis unsres Herzens sehen."
_Berlin_, Oktober 1885.
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