u gehen, sie waere ganz verloren; unbarmherzig wuerde sie der Poebel
verfolgen, als haette sie die groesste Unanstaendigkeit begangen.
Wohlversehen also mit grossen Hueten, mit Halstuechern, Shawls,
wandern wir nun aus, denn die Mode will, dass man sich in den heissen
Stunden des Tages am sorgfaeltigsten verhuellt. Visiten haben wir
nicht viel zu machen, der Kreis unserer eigentlichen Bekannten
ist klein, man schraenkt sich zum naeheren Umgange auf wenige Haeuser
ein, wie in allen grossen Staedten. Das Visitenwesen wird in London
ueberdies fast immer mit Karten abgemacht. Indessen, einen Wochenbesuch
haben wir doch abzustatten, denn diese sind hier, wie ueberall,
unerlaesslich; nur werden sie spaeter als bei uns angenommen.
Wir finden die Dame in dem glaenzenden Schlafzimmer. Vor allem
prunkt das grosse Bett. Die Kissen, die Decken sind mit Spitzen
und feiner Naeharbeit verziert, mit gruener Seide gefuetterte Draperie
vom thronartigen Baldachin herab, so dass man die schoenen Saeulen
von Mahagoni- oder anderem, noch kostbarerem Holze frei erblickt.
Das Neglige der Dame ist ueber und ueber mit den teuersten Spitzen
geschmueckt und bekraeuselt; alles ist fein und erlesen, alles
zeigt Reichtum.
Den Hauptgegenstand des Gespraechs gewaehrt die auf einem Seitentisch
ausgestellte Garderobe des neuen Ankoemmlings. Er selbst ist
nicht sichtbar, sondern in der Kinderstube mit seiner Amme,
denn das Selbststillen der vornehmeren Muetter ist in England
nicht so allgemein wie in Deutschland.
Es gibt hier bedeutende Laeden, wo nichts anderes verkauft wird
als Kinderzeug, und zwar zu sehr hohen Preisen. Alle Waren
dieser Laeden prunken dann in dem Wochenzimmer verschwenderisch
aufgehaeuft. Selbst ein grosses Nadelkissen in der Mitte ist nicht
zu vergessen, auf welchem man mit Stecknadeln von allen Groessen
kuenstliche Muster steckt, die einer schoenen, reichen Silberstickerei
gleichen. Wahrscheinlich werden diese Dinge selten oder nie gebraucht,
denn sie sind ihrer Natur nach zu zart und vergaenglich, sie dienen
nur zum Prunke.
Sind wir mit dem Besehen und Bewundern endlich fertig, so wandern wir
weiter a Shopping, dies heisst: wir kehren in zwanzig Laeden ein,
lassen uns tausend Dinge zeigen, an welchen uns nichts liegt,
kehren alles Unterste zu oberst und gehen vielleicht am Ende davon,
ohne etwas gekauft zu haben. Die Geduld, mit der die Kaufleute
sich dieses Unwesen gefallen lassen, kann nicht genug bewundert
werden; ke
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