rterweise nun
predigen werde.
Richtig erschien Wolf Dietrich in der Kanzel und begann mit der ihm
eigenen Gabe hinreissend schon nach wenigen Saetzen zu predigen.
Alles hielt den Atem an, um kein Wort dieser ueberraschenden Kanzelrede
zu verlieren, die also begann: "Am heutigen Tage folgen dem Beispiel
Jesu der Papst und die Bischoefe, in den Klostern die Aebte und Vorsteher,
haeufig auch christliche Kaiser, Koenige und Fuersten, und alle beweisen
durch Fusswaschung, Bewirtung und sonstige Versorgung mehrerer Armen, dass
die erhabene Wuerde, so sie als Erdenbeherrscher ueber die Unterthanen
erhebet, sie nicht trennen duerfe von den Banden der christlichen
Bruderliebe, durch die wir im katholischen Glauben alle Glieder _eines_
Leibes sind. Wir haben uns zu befleissigen, aufzunehmen in uns den Geist
der Demut und Bruderliebe, zu beherzigen die Worte, die Jesus nach der
Fusswaschung zu den Aposteln gesprochen: 'Ich habe euch ein Beispiel
gegeben, dass ihr einander thuet, wie ich gethan habe. Wie ich, euer Herr
und Lehrmeister, euch die Fuesse gewaschen habe, sollet auch ihr einander
die Fuesse waschen.'--Kein Tag im ganzen Jahr mahnt mehr und besser zur
Einkehr, zur Demut, und demuetigen muessen sich alle wahrhaft Glaeubigen
vor Gott dem Herrn, demuetigen auch die Unterthanen vor ihrem Fuersten und
Gebieter."
Wolf Dietrich hatte damit den gewuenschten Uebergang gefunden, um den
Zuhoerern ihre Pflichten der Ergebenheit darzulegen, und gewandt sprach
der Kanzelredner zu Herzen, er spielte auf manche Ereignisse an, welche
die schuldige Demut auch vor dem Fuersten und seinen Regierungsakten
schwer vermissen liessen. Mit flammenden Worten ruegte der Redner solchen
Mangel an Ehrfurcht und Demut, er geisselte Unbotmaessigkeit und
Noergelsucht und fuehrte aus, dass jeder Fuerst ein Recht darauf habe, sich
auch als Mensch zu fuehlen, und der Unterthan zu schweigen habe. Besser
sei da ein menschlich Leben in weiser Beschraenkung als verhuellte Suende;
besser, es haelt der Mann es mit einem einzig Weibe in Ehren, denn er
fuehre ein ausschweifend Leben, wie beklagenswert anzutreffen sei an
vielen Orten und leider auch in Priesterhaeusern und im Widum.
Die Rede schloss mit einem Appell an den guten Sinn und demuetige
Ergebenheit aller guten Unterthanen, die den Balken im eigenen Auge
erkennen sollen.
In hoechster Ueberraschung fluesterten die Zuhoerer wie die Kapitelherren,
es kann kein Zweifel sein, dass Wolf Dietrich ueber
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