kleinen. Die Eltern, Tanten und
Grossmuetter standen hinter ihnen, und wenn der Knecht Ruprecht ankam,
winkten die Kinder mit den Haenden, die Vaeter nahmen die Muetzen ab, und die
Tanten und Grossmuetter machten tiefe, ehrfuerchtige Knickse. Der Knecht
Ruprecht aber sass da auf seinem tannenbekraenzten Thron wie ein Koenig und
nickte nach rechts und nickte nach links, winkte mit der rechten Hand und
winkte mit der linken Hand, verteilte seine Gaben an die Armen und
Reichen, an die Gerechten und Ungerechten.
Nach der Feier bestieg der Knecht Ruprecht seinen Schlitten. Die
Fackeltraeger, die Ehrenjungfrauen und alles Volk begleitete ihn bis ans
Tor. Mit lustigem Klingeling fuhren die Schlitten den Weihnachtsberg
hinauf, und die Leute kehrten heim, alle im Herzen froh und reich.
Das war der Weihnachtsberg bis vor acht Jahren. Da kamen die Neustaedter
und kauften Herrn Eberhard, der damals gerade ein wenig in Sorgen war,
sein Gasthaus fuer einen guten Preis ab. Die Neustaedter machten aus der
alten edlen Burgherberge ein "Etablissement mit Burgruine, Aussichtsturm
und im uebrigem allem Komfort". Es wurden hoelzerne Veranden mit grossen
Fenstern an das alte Mauerwerk geklebt, der ganze schablonenhafte oede
Hotelbetrieb eingerichtet, und die Badezeitung faselte vom Fortschritt der
modernen Zeit.
Dass schweres, reines Altgold in duennes Flitterblech gewalzt wurde,
empfanden am meisten die Waltersburger Kinder, die am Weihnachtsabend
vergebens ausspaehten nach dem leuchtenden Hoehenfeuer und der suessen,
verheissungsvollen Melodie: "Vom Himmel hoch, da komm ich her."
In Gedanken an alte, schoene Zeit stieg ich den Weihnachtsberg hinauf. So
sentimental war ich aber nicht, um dem neuen "Etablissement" auszuweichen;
dazu war ich denn doch zu weit in der Welt herumgekommen und hatte zu viel
Schifflein scheitern sehen, um so eine Ungluecksstelle feig zu umsegeln.
Ich kehrte in dem "Etablissement" ein. In der grossen Glasveranda waren
drei Kellner und ein Gast anwesend.
Dieser einzige Gast sass am Fenster und guckte nicht auf, als ich zur Tuer
hereintrat. Daraus erkannte ich, dass er kein Deutscher war. Im uebrigen
genuegte mir ein Blick zu meiner Orientierung. Ich erkenne den
Nordamerikaner so leicht unter allen Nationen heraus wie den Star unter
den bunten Finken.
Soll ich hier das Bild wiederholen, das deutsche Karikaturisten malen,
wenn es gilt, einen "Uncle Sam" zu zeichnen? Das kurzgeschorene Haar, den
glattrasier
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