ngsvollen Gerhart Hauptmannschen
Mundwinkel eingeuebt hat; das knurrende Eheoberhaupt, das wo anders
hinstrebt, weil man auf dem Kurplatz nicht rauchen darf (warum, weiss weder
er noch sonst jemand; denn der Platz ist weit, und der Himmel ist hoch);
die flirtende Strohwitwe; der melancholisch und langsam schreitende
Einsame, der keinen Anschluss findet; das laute Maedchen, das immer zehn
Verehrer um sich hat und nie einen Mann kriegt; die Geschaeftsfreunde, die
auch hier ueber ihre Alltagssorgen nicht hinauskommen; fachsimpelnde
Oberlehrer und lebenslustige Backfische, dazwischen die "Patienten", die
gewissenhaft aus geschliffenen Glaesern das Neustaedter Wunderwasser
schluerfen, als koennte es in vier Wochen gutmachen, was in vielen, vielen
Jahren krank ward.
Ich war im klaren: Ich wollte nicht Badearzt werden. So wollte ich nach
Hause und waehlte als Heimweg den Pfad ueber den Weihnachtsberg, der als
Grenzscheide zwischen Waltersburg und Neustadt liegt.
AUF DEM WEIHNACHTSBERG
Auf dem Weihnachtsberg steht ein altehrwuerdiges Gasthaus. Es sieht aus wie
eine Burg, hat auch einen grauen verwitterten Turm, eine Zugbruecke,
Butzenscheiben und was so dazu gehoert. Das echteste von dem ganzen
romantischen Nest war der Wirt, der Eberhard hiess, weil er einen langen
Bart hatte, oder der sich einen langen Bart hatte wachsen lassen, weil er
Eberhard hiess. Die Waltersburger besuchten ihn an allen regenfreien
Sonntagnachmittagen, und er lebte auf seiner luftigen Hoehe so gute Tage,
dass ihm der Humor niemals ausging. Dieser Eberhard war fuer die
Waltersburger Kinder der Knecht Ruprecht. Jeden Weihnachtsabend lugten sie
aengstlich, sehnsuechtig und neugierig nach dem Gipfel des Weihnachtsberges
hinauf, und wenn endlich die blaue Winternacht ihren Duftschleier um den
Gipfel huellte, flammte da oben ein maechtiges Bergfeuer zum Himmel, und
eine Trompete blies langsam und feierlich herab ins Tal: "Vom Himmel hoch,
da komm ich her."
"Er kommt, er kommt!" stiessen da die Kinder heraus, und die kleinsten
zitterten in seliger Angst. Vom Berge herab aber kam mit silbernem Gelaeut
der Knecht Ruprecht gefahren. Er thronte auf einem mit Tannenreis
prachtvoll verzierten Schlitten, und andere Schlitten folgten ihm, die
wurden von seinen Knechten gelenkt und waren mit Hunderten von Paketen und
Paketchen beladen. Vom Stadttor an bildeten alle Kinder Spalier, die
reichen wie die armen, die grossen wie die
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