auf die Geniefrechheit, ist zugleich auch ein
Spott auf die prometheische Ueberhebung. Er steht also zeitlich dem Faust
naeher als Prometheus, wofuer sich auch im weitren noch Anzeichen finden
werden. Goethe selbst behauptete zwar in einem Gespraeche mit der
Fahlmer, er sei schon vor ihrer Abreise fertig gewesen[198]; es ist aber
offenbar auch hier der Fall, was ein guenstiges Geschick so oft bei
seinen Schoepfungen eintreten liess, dass im Fortgang des Lebens seinen
dichterischen Plaenen immer reicherer Stoff dargebracht wurde. So hat
unbedingt die Bekanntschaft mit Basedow im Sommer 1774, auf den und
nicht etwa gar auf Herder Satyros gedeutet werden muss, den Anlass zu
einem lebenswahreren Bilde des Helden und damit zur eigentlichen
Vollendung des Werkes gegeben. Prometheus war der tiefernste Erguss eines
sich maechtig erhebenden Gefuehls nach Zeiten schweren Drucks. Auf
demselben Boden wurzelt auch Faust. Satyros dagegen ist der Spott ueber
genialische Anmassung ueberhaupt, die aus der Tendenz nach unmittelbarer
Natur entstehen musste, ein Spott, der um so staerker in ihm rege ward,
wenn er sich umschaute und sah, wie sein eignes Streben sich in andren
ihm verzerrt entgegenstellte. Das Drama ist also aufzufassen als die
Satire ueber das Genietreiben der Zeit, das sich auf verschiedene Weise
in verschiedenen offenbarte. Individuelle Zuege bot ihm das Leben dazu in
Fuelle, die er jedoch nie so benutzte, dass etwa seine Gestalten gar
portraitartige Abbilder derer geworden waeren, die ihm dazu gestanden
hatten. Genie kaempft hier mit sich selbst[199]. Daher bricht auch durch
das Zerrbild das reine Bild wahrer Genialitaet oefters in ergreifender
Weise durch; denn das Genie selbst hat die Satire geschrieben, nicht
Nicolai.
Nach alledem darf also angenommen werden, dass der erste Monolog und die
Erdgeistscene im Jahre 1774 gedichtet sind, nach dem Werther, nach dem
Erscheinen der aeltesten Urkunde, nach der Rheinreise und der
Bekanntschaft mit Jacobi. Am 13. August war Goethe wieder heimgekehrt.
Die Stimmung der dieser Reise folgenden Zeit, in der auf die Tage
toller, ueberschaeumender Lebenslust wieder ein Rueckschlag eintrat, passt
vortrefflich zu dem eigentuemlichen wehmuetigen Tone jener ersten Scenen.
Selbst aus den satirischen Hervorbringungen dieser Zeit weht ein andrer
Hauch als aus den Keckheiten der Fastnachtspiele von 1773. Die
empfindsame Grundstimmung kommt wieder mehr zum Vorschein, denn auch mit
Werther w
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