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nheiten im Drama wurden gesprengt[229]. "Besser ein verworrenes Stueck machen als ein kaltes[230]." Alle Regeln wurden abgethan, die man mit Muehe aufgestellt hatte, da sie das wahre Gefuehl von Natur und den wahren Ausdruck desselben zerstoerten[231]. Auch der Ausdruck, die Form muss gefuehlt sein. "Die characteristische Kunst", schreibt der junge Goethe[232], "ist nun die einzig wahre. Wenn sie aus inniger, einiger, eigener, selbststaendiger Empfindung um sich wirkt, unbekuemmert, ja unwissend alles Fremden, da mag sie aus rauher Wildheit oder aus gebildeter Empfindsamkeit geboren werden, sie ist ganz und lebendig." Bei solchen Anschauungen galt Unform und Formlosigkeit mehr als Form, wenn nur der Gehalt aus der Tiefe des Busens kam. "Mir ist alles lieb und wert, was treu und stark aus dem Herzen kommt, mags uebrigens aussehen, wie ein Igel oder wie ein Amor," schrieb Goethe am 17. August an die Karschin[233]. "Der Freiheits- und Naturgeist der Zeit," bemerkt er spaeter, "der jedem sehr schmeichlerisch in die Ohren raunte, man habe ohne viele aeussere Hilfsmittel Stoff und Gehalt genug in sich selbst, alles komme nur darauf an, dass man ihn gehoerig entfalte", weht uns aus solchen Anschauungen entgegen. Darum kennzeichnet er in dem spaeteren Schema[234] die Scene folgendermassen: "_Streit zwischen Form und Formlosem. Vorzug dem formlosen Gehalt vor der leeren Form. Gehalt bringt die Form mit. (Die innere Form.) Die Widersprueche, statt sie zu vereinigen, disparater zu machen._"--Mit ihrer Vereinigung begann fuer den Dichter selbst eine neue Epoche; er suchte nun bloss den Gehalt in seinem Busen allein, die Form in seinem Geist.[235] In unserer Fauststelle ist der Kampf gegen leere, aeussere Form besonders auf das Gebiet der Rede hinuebergespielt. Vor allem ist wohl an die Predigt und den akademischen Vortrag gedacht. Deklamation nannte man damals die Kunst des Vortrags und die Kunst schoene Worte zu machen. Seit Sturms Tagen war dieser leere Formalismus, die Kunst, die Rede mit glaenzenden Federn zu schmuecken, herrschend geworden. Der Einfluss franzoesischer Rhetorik verlieh ihr im 18. Jahrhundert einen neuen glaenzenden Anstrich. Dagegen erhob sich denn auch die neue Gefuehlsrichtung, voran ihr Meister, Herder[236]. Die Frankfurter Gelehrten Anzeigen, die voruebergehend 1772 ihr Organ geworden waren, kaempften, wie gegen allen Formalismus und Rationalismus, auch gegen diese Aeusserlichkeit. So schreibt Herder[23
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