19]. Allein wie er sich selbst dazu verhaelt, hat der
junge Goethe im Bilde des Studenten, der, wie wir sehen werden,
keineswegs der Leipziger Fuchs[320] ist, klar genug angedeutet. Des
Dichters Spott muss sich gegen damals im Professorentum vorhandene
Auswuechse richten, die ihm bekannt waren, und er wurde auch jedenfalls
sofort von dem kleinen Kreise, fuer den seine Satiren vor allem gedichtet
waren, verstanden und auf bestimmte Verhaeltnisse und Personen bezogen.
Wir koennen heute nur noch vermuten, wen er etwa gemeint habe. Denn dass
er hier eine Satire ohne bestimmte Spitze geschrieben habe, ist bei
einem Dichter, der stets aus dem vollen Leben geschoepft und fuer das
Leben gedichtet hat, nicht anzunehmen. Wenn auch die persoenlichen
Beziehungen in den satirischen Dichtungen des jungen Goethe noch so
versteckt oder ins allgemeine gezogen sind, vorhanden sind sie. Es muss
daher unsere Aufgabe sein, Umschau zu halten im akademischen Leben des
18. Jahrhunderts und zu pruefen, ob sich damals im Professorentum
wirklich Auswuechse der Art bemerkbar machten, wie sie hier der Witz des
Dichters vorauszusetzen scheint. Gab es in der That Professoren, die
sich nicht scheuten, im Verkehr mit ihren Schuelern den rohesten und
seicht-frivolsten Studententon anzuschlagen, die es nicht verschmaehten,
sich mit den ungebildetesten unter ihnen auf eine gleichniedrige Stufe
zu stellen und ihren kuemmerlichsten Interessen durch die platteste
Unterhaltung entgegenzukommen?
Nun wissen wir allerdings, dass etwa seit der zweiten Haelfte des vorigen
Jahrhunderts auch im akademischen Leben die alle freien Regungen
hemmende Strenge und Pedanterie eine Gegenbewegung hervorrief, die zum
Teil um so zuegelloser auftrat, je enger grade hier die Schranken gezogen
waren. Also auch hier Sturm und Drang; auch hier und fast ausschliesslich
die Erscheinung, dass sich innerlich haltlose, aeusserlich gewandte, mit
einer gewissen Leichtigkeit der Auffassung und Darstellung begabte
Menschen den neuen Bestrebungen zuwandten, die jedoch, nachdem sie kurze
Zeit geglaenzt hatten, im Dunkel verschwanden, oft mit Schmach und
Schande von ihrer Hoehe gestuerzt wurden und fruehe ein verfehltes Leben
beschlossen. Gerade das Gelehrtentum trug am meisten dazu bei, dem Namen
des Genies einen schlimmen Klang zu verleihen. Denn es trug, wie Kawerau
treffend bemerkt, das Fratzenhafte des Genietums an sich, aber ohne die
idealen Zuege jener bewegten Strebezeit[321].
Einer
|