epf, dessen maechtige Liebe zu dem jungen Goten
sie laengst erkannt und beklagt, aber nie gegenueber der scheuen Jungfrau
beruehrt hatte.
Am Abend des dritten Tages der Belagerung schritt Miriam nachdenklich die
breiten Mauerstufen nieder, die von der Turmpforte in den Garten fuehrten:
ihr edles, seelentiefes Auge glitt, in ernstes Sinnen verloren, ueber die
duftigen Blumen der Beete hin: auf der letzten Stufe blieb sie traeumend
stehen, die linke Hand auf den Mauerrand lehnend. Arria kniete auf dem
Betschemel, ihr den Ruecken wendend, und betete laut. Sie wuerde die Nahende
nicht bemerkt haben, wenn nicht gefluegeltes Leben ploetzlich den stillen
Hof beseelt haette: denn in den breiten Zweigen der Olive nisteten die
schoensten, weissen Tauben, der einsamen Miriam einzige Gespielinnen. Als
diese die vertraute Gestalt auf den Stufen erscheinen sahen, erhoben sie
sich alle, in schwirrendem Flug ihr Haupt umschwaermend; eine liess sich auf
des Maedchens linke Schulter nieder, die andere auf das feine Gelenk der
Rechten, die Miriam, aus ihrem Traume geweckt, laechelnd ausstreckte.
"Du bist's, Miriam! deine Tauben verkuenden dich!" sprach Arria sich
wendend. Und das schoene Maedchen stieg die letzte Stufe nieder, langsam,
die Voegel nicht zu verscheuchen: die Abendsonne fiel durch die Blaetter der
Olive auf ihre pfirsichroten Wangen: es war ein lieblich Bild.
"Ich bin's, Mutter!" sagte Miriam, sich zu ihr setzend. "Und ich hab' eine
Bitte. Wie lautet," fragte sie leiser, "dein Spruch vom Leben nach dem
Tode, dein Glaubensspruch? - "ich glaube an die Gemeinschaft"" - -
"An die Gemeinschaft der Heiligen, Auferstehung des Fleisches und ein
ewiges Leben." - "Wie koemmst du auf diese Gedanken."
"Ei nun," sagte Miriam, "mitten im Leben stehen wir im Tode, sagt der
Saenger von Zion. Und jetzt wir besonders! Fliegen nicht taeglich Pfeile und
Steine in die Strassen? Aber - ich will noch Blumen pfluecken!" sprach sie
wieder aufstehend.
Arria schwieg einen Augenblick. "Jedoch der Seegraf war heute schon da:
mir ist, ich haette seine helle Stimme gehoert."
Miriam erroetete leicht. "Sie sind nicht fuer ihn," - sprach sie dann ruhig
- "fuer sie." - "Fuer sie?" - "Ja, fuer seine Braut. Ich habe sie heute zum
erstenmal gesehen. Sie ist sehr schoen. Ich will ihr Rosen schenken." - "Du
hast sie gesprochen. Wie ist sie geartet?"
"Nur gesehen, sie bemerkte mich nicht. Ich schlich schon lange um den
Palast der Valerier, seit sie h
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