. Ich waehlte meine
Liebe und mein Weh."
"Kind, sprich nicht so! laestre nicht. Sieh, was geht ueber Mutterliebe?
nichts auf Erden! Doch wird auch sie im Himmel nicht mehr leben! Die
Liebe, die das Maedchen zieht zum Mann, sie ist ein Traum von Gold.
Mutterliebe ist ein ehern Band, das ewig schmerzend bindet. O mein
Jucundus, mein Jucundus! Moechtest du bald wieder kommen, dass ich dich noch
schauen kann hienieden, eh meine Augen volle Nacht bedeckt. Denn droben im
Himmelreich wird auch die Mutterliebe untergehen in der ewigen Liebe
Gottes und der Heiligen. Und doch moecht' ich ihn noch einmal fassen und
umfangen und mit den Haenden betasten sein geliebtes Haupt. Und hoere nur,
Miriam: ich hoffe und vertraue: bald, bald werd' ich ihn wiedersehen."
"Du darfst mir nicht sterben, Arria." - "Nein, so mein' ich's nicht! hier
auf Erden noch muss ich ihn wiedersehen. Ich muss ihn wieder kommen sehen
des Weges, den er gegangen."
"Mutter," sagte Miriam sanft, wie man einem Kinde einen Wahn ausredet,
"wie magst du noch immer daran glauben! Dein Jucundus ist seit dreissig
Jahren verschwunden!"
"Und doch kann er wiederkommen! Es ist nicht moeglich, dass der Herr all'
meiner Thraenen nicht geachtet, all' meiner Gebete. Was war er fuer ein
braver Sohn! Mit seiner Haende Arbeit ernaehrte er mich, bis er erkrankte
und Axt und Schaufel nicht mehr fuehren konnte: und wir litten Not. Da
sprach er: "Mutter, ich kann's nicht mehr mit ansehen, dass du darbest. Du
weisst, in den Gaengen des alten Tempels, dort unter dem Olivenstamm, sind
Schaetze der Heidenpriester vergraben: der Vater drang einmal hinein und
brachte eine goldene Spange zurueck. Ich will hineinschluepfen, so tief ich
kann, ob ich von dem verborgnen Gold nichts finde: und Gott wird mich
beschuetzen." - Und ich sagte Amen. Denn die Not war schwer: und ich wusste
wohl, der Herr werde den frommen Sohn der Witwe behueten.
Und wir beteten miteinander eine Stunde, hier vor dem Kreuz. Und dann
erhob sich mein Jucundus und drang in die Hoehlung dort unter den Wurzeln
der Olive. Ich horchte dem Schall seiner Bewegungen, bis er verhallte.
Er ist noch immer nicht zurueckgekommen.
Aber tot ist er nicht! O nein! Kein Tag vergeht, dass ich nicht denke:
heut' fuehrt ihn Gott zurueck. War nicht auch Joseph fern lange Jahre in
Aegyptenland? und doch haben Jakobs Augen ihn wieder gesehen. Und mir ist,
heut' oder morgen sehe ich ihn wieder. Denn heute Nacht im Traum hab' ich
ihn ge
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