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ewesen war, es koenne ein Advokat aus mir werden. Ich selber nahm den Eintritt in die Praxis sehr ernst, und ich kam mir wohl bedeutend vor, als ich, den Baecker Jaeger gruessend und dem Kaufmann Fritsch dankend, dahinschritt, um eidlich Wahrung der Dienstgeheimnisse und Fernbleiben von geheimen Verbindungen zu geloben. Dem Amtsvorstande stellte ich mich freudig zur Verfuegung, und ich wollte ein unbeugsamer Hueter der Gerechtigkeit sein. Von da ab brachte mir fast jeder Tag Enttaeuschungen, bis ich von allen Illusionen geheilt war. Der Chef des Amtsgerichtes war nicht bloss ein trockener, unbedeutender Mensch, sondern auch ein Buerokrat von der Schadenfreude, die sich vor 48 mit Pruegelstrafen hatte ausleben duerfen und nun zurueckgedaemmt das Gemuet verfinstern musste. Mitleidlos und sackgrob gegen die kleinen Leute, misstrauisch gegen jedermann, selbstgefaellig, unwissend und geschwaetzig, so war der Mann, der mich bei den ersten Schritten in eine mit viel Respekt betrachtete Welt leiten sollte. Von der Geistlosigkeit und dem Unwerte der Praxis bei einem solchen Gerichte macht sich der Aussenstehende doch wohl keinen Begriff. Ich lernte nichts von allem, was ich fuer spaeter haette lernen muessen. Zuerst nahm mich der Chef in Beschlag. Ich musste bei den Pflegschaftsverhandlungen Protokolle schreiben und durfte zuhoeren, wie die Kindsvaeter sich sperrten, die ueblichen acht bis zehn Mark monatlich fuer das illegitime Kind zu bezahlen. Bei den Schoeffengerichtsverhandlungen war ich stellvertretender Gerichtsschreiber, und das war immerhin noch unterhaltender als das Nachschreiben der Urteile, die mir mein Vorgesetzter diktierte. Er tat sich was darauf zugut, ellenlange Saetze zu bilden, und schwelgte wie ein alter Gendarm in eingeschachtelten, zusammengestopselten Perioden. Was sich alles ueber die verbrecherischen Absichten eines Landstreichers sagen liess, der ein Hufeisen gefunden, selbiges aber nicht abgeliefert hatte, das erfuhr ich damals mit Unbehagen. Mein Chef aber wiegte sich in den Hueften, hing noch ein paar Relativsaetze, schlauen Verdachtes voll, an die Hauptwoerter, und wenn die lange Periode hinkend und muehsam bis an den Schluss gelangt war, forderte er meine Bewunderung heraus: "Han, was sag'n Sie jetzt?" Mein Ersuchen, selber einmal ein Urteil anfertigen zu duerfen, wies er barsch zurueck. Nach ein paar auf die Art zugebrachten Monaten musste ich im Hypothekenamt unter aen
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