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in dem Armenviertel die unguenstigste Lage.
Es musste aufreizend wirken, wenn in dieser Strasse Equipagen vorfuhren und
Daemchen mit Einglastraegern ausstiegen.
Was auf der Buehne geboten wurde, war nett, aber unzulaenglich und haette
einer heiter gestimmten Gesellschaft einen Polterabend sehr vergnueglich
gestaltet, doch Berlin _W_ war nicht so harmlos, und es hatte seine
Neigung fuer gehobene Varietekunst bereits wieder abgelegt.
Die Konkurrenz versuchte es mit Attraktionen, und Liliencron las vor einem
Parkettpoebel seine Novellen und Gedichte vor.
Mich befiel ein schwerer Katzenjammer, als ich das hoerte, und schon vor
der Eroeffnungsvorstellung im Wolzogenschen Theater war ich mit allen
Illusionen fertig.
Meiner "Medaille" ging es nicht zum besten; sie fiel nicht durch, aber sie
erregte sichtlich wenig Freude, und vor allem passte sie nicht auf diese
Buehne.
Es war fuer mich nicht angenehm, den Kampf mit ansehen zu muessen, den
Wolzogen mit der Ungunst des Publikums einige Monate hindurch fuehrte, bis
er mit einer Niederlage endete.
Ganz Berlin gab sich damals dem maechtigen Eindrucke hin, den das Lied
"Haben Sie nicht den kleinen Cohn gesehn?" machte, und es war aus mit den
vertonten Liedern Bierbaums und Liliencrons.
Von meiner Freude an der lauten Grossstadt kam ich bald zurueck.
Zwar das Berlin, wie es geschaeftig war, arbeitete und bei aller Hast und
Hetze Ordnung hielt, imponierte mir noch immer; erst in spaeteren Jahren
wurde ich misstrauisch gegen die fixen Leute, die so viel Spektakel mit
ihrer Arbeit machten und immer neue, unmoegliche Plaene und Ideen am
Telephon hatten und sich in der Pose der unter fuerchterlicher Arbeitslast
Zusammenbrechenden wohl fuehlten.
Aber auch schon damals sah ich Berlin, wie es sich unterhielt, mit
kritischen Augen an, und es gefiel mir nicht mehr.
Selbst in Abendgesellschaften merkte ich bei den geladenen Gaesten, dass sie
einander weder Ernst noch Heiterkeit glaubten und sich kuehl beobachteten.
Diese Leute waren einander fremd, kaum aneinander gewoehnt und ganz und gar
nicht miteinander verwachsen; sie konnten nur nach Aeusserlichkeiten
urteilen und waren veranlasst, ihre Art nach aussen zu wenden, da sie keinen
innerlichen Zusammenhang hatten. Vom Berliner Nachtbetrieb wurde oft mit
einem gewissen Stolze gesprochen, als waere in ihm der weltstaedtische
Charakter sichergestellt und deutlich zur Erscheinung gebracht.
Ich weiss nicht, ob die
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