ses Ziel erreicht wurde, noch weniger, ob es
irgendeinen Wert hatte.
Ich sah nur dichtgedraengte Haufen von Menschen, die das eine gemeinsam
hatten, dass sie sich froehlicher gaben, als sie waren.
Dass der eigentliche, echte, alte Berliner viele Vorzuege habe, wurde mir
eindringlich versichert, und ich zweifelte nicht daran, weil ich es durch
den verehrten Theodor Fontane schon erfahren hatte, aber in der
Voelkerwanderung, die nach 1870 von Osten her einsetzte, wurden die Modelle
Glasbrenners stark in den Hintergrund gedraengt. Mir schien es, als lebten
die Massen neben, nicht miteinander, und das Auffaelligste war gerade das
Fehlen alles Charakteristischen.
Die Tunnelzeit war auch ueberwunden.
Dass sich die Schriftsteller regelmaessig haetten zusammenfinden koennen, waere
nicht mehr denkbar gewesen, und nichts war bezeichnender fuer die neue
Zeit, als dass die Kritiker praeponderierten. Sie waren die Beruehmtheiten,
auf die sich die Aufmerksamkeit des Publikums richtete, von ihnen war am
meisten die Rede, ihr Ruhm ueberdauerte - was wenigen Autoren oder
Kuenstlern beschieden war - mehr als eine Saison. Ihre Geltung stand fest,
die der Dichter blieb schwankend zwischen den Erfolgen, konnte abflauen
und stuerzen, und nach einer Niederlage sanken auch die alten Werte.
In der Premiere von Gerhart Hauptmanns "Rotem Hahn" sass ich neben einem
literarisch "versierten" Herrn, der mir in den Zwischenakten Anhaenger und
Gegner des Dichters zeigte und zweifelnd, nach aeusserlichen Merkmalen, den
Ausgang abschaetzte. Die feindlichen Maechte errangen den Sieg, und das
Stueck fiel durch.
Dass die Fortsetzung des "Biberpelzes" nicht gefiel, verstand ich, aber fuer
die feindselige Wut, die sich um mich herum austobte, hatte ich keine
Erklaerung.
Es war so, als haetten sich die Theaterbesucher fuer irgendeine Kraenkung zu
raechen, als muessten sie einem lange zurueckgehaltenen Hasse gegen den
Dichter endlich Luft verschaffen. Und doch hatten sie ihm schon oft im
gleichen Theater zugejubelt.
Gute Auffuehrungen konnte man damals in Berlin oft sehen, aber ich glaubte
damals wie heute, dass die Kunst, mit tuechtigen Schauspielern Stuecke, die
was taugen und sich fuer die Buehne eignen, gut herauszubringen, fuer einen
geschmackvollen und klugen Mann nicht allzu schwer ist.
Spaeter ist das ja anders geworden.
Hinter Regie- und Dekorationskuensten, hinter Turn- und Tanzleistungen
musste sogar der alte William Shakespeare
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