, dass ich fuer Viktor, die sich nicht ganz wohl fuehlte,
keinen Wagen mehr bekam.
Auf dem Heimwege erkaeltete sie sich gruendlich, fuhr aber trotz Abmahnens
am andern Tage nach Allershausen, wo sie gleich von einer schweren
Influenza befallen wurde.
Ihr Herz, das ohnehin nicht fest war, wurde in Mitleidenschaft gezogen,
und nach einer Woche erhielt ich die telegraphische Nachricht, dass sie
sehr schlecht daran sei.
Als ich hinausfuhr, kam mir im Dorfeingange der Pfarrer entgegen und sagte
mir, dass es mit Viktor zu Ende gehe. Doch wuerde ich sie noch lebend
antreffen, denn sie habe erklaert, dass sie erst sterben wolle, wenn sie von
mir Abschied genommen habe.
Ich eilte ins Haus und stand erschuettert vor meiner alten Viktor, deren
verfallene Zuege mir jede Hoffnung nahmen.
Sie laechelte freundlich und streckte mir die Hand entgegen; fast unwillig
wies sie meine weinende Schwester zurecht, da Klagen doch keinen Sinn
haetten und mir weh tun koennten.
Ich setzte mich an den Bettrand, und sie bestand darauf, dass uns Kaffee
gebracht wuerde.
Dann versuchte sie, sich ein wenig aufzurichten, stiess mit mir an und sah
mich aus mueden, halb erloschenen Augen noch einmal freundlich und voll
Guete an.
Sie nickte zufrieden mit dem Kopfe, denn nun war's in Ordnung, und das
Letzte, was sie gewollt hatte, war geschehen.
Bald darauf verlor sie das Bewusstsein und phantasierte.
Am Abend starb sie; die Geschichte von den Vorder-Risser Tagen war zu Ende
erzaehlt.
Im Fruehjahr 1901 war ich zu kurzem Aufenthalte in Berlin und verlebte in
froehlicher Kuenstlergesellschaft ein paar genussreiche Wochen. Die
Reichshauptstadt, die ich zum ersten Male sah, gefiel mir ausserordentlich,
und es schien mir hier alles ins Grosse und Bedeutende zu gehen.
Ganz gewiss war vieles dazu angetan, diese Meinung hervorzurufen, aber es
lag auch in meiner Art, mich neuen Eindruecken stark hinzugeben und keine
Maengel zu bemerken, wo ich nur Vorzuege sehen wollte.
Ich war als eifriger Leser von Treitschke, Haeusser, Foerster, Kugler, Onken,
Archenholtz u. a. ziemlich vertraut mit preussischer Geschichte, und es
hatte fuer mich einen besonderen Reiz, nunmehr an Staetten zu kommen, mit
deren Namen sich mir so oft bestimmte Vorstellungen verbunden hatten.
Als eingefleischter Friderizianer erlebte ich einen eindrucksvollen Tag in
Potsdam, wo, wie kaum an einem andern Ort, noch vieles auf Geist, Wissen
und Art eines grossen Mannes
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